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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

06 Und das nennts ihr aufgräumt - Frühjahr 1980 wie im Film

Seite:

 

14

Kapitel in Band 1:

Kapitel in Band 2:

Kapitel in Band 3:

 
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2. April 1980
33. Bild, "Milango"
Szene im ersten Teil authentisch. M-K, Torben, Norbert und ich sind in der noch kaum eingerichteten Zwei-Zimmer-Wohnung Schorbenhöft 58 in Neustadt, gegen Nachmittag.
M-K erzählt uns zunächst etwas über die Miete, die hier dreihundertfünfzig Mark betrug, was sie über einen Wohngeldantrag beim Sozialamt aber leicht reinbekam. Der Dialog mit Milango wird im Film dann vermischt mit der Abhauen-Problematik, was so nicht der Fall war. Bei dem, was wir über die Fluchtmöglichkeiten besprechen, stimmt zwar der Ton, aber nicht ganz der Inhalt.
Es klingelt plötzlich an der Tür und M-K weiss im ersten Moment nicht, wer das sein könnte. Sie macht die Tür auf und sieht, dass es sich um einen Typen handelt, den sie flüchtig kennt und den sie letzte Nacht in einer Kneipe getroffen hatte, wobei sie ihm ihre neue Adresse genannt hatte, er könne doch mal vorbeischauen. Es ist Milango, ursprünglich aus irgendeinem Ostblockland, vielleicht Polen oder Litauen, hat halblange blonde Haare und ist total betrunken.
M-K: Ach, Milango!
Milango: Ha-o Karin! Wa-is - w - wer isn dass?
M-K: Das sind meine Söhne! Nun komm erst mal rein. Ja, das sind alles drei meine Söhne! Mensch, wie siehst du denn aus?! Hahaha, du bist ja total besoffen! Setz dich erstmal hin. Hier, in Sessel.
Milango (torkelt rein): Was n das fürn Knirps? Dich kenn ich doch!
Torben: Ich bin Torben!
Ich (zu M-K): Wie heisst der?
M-K: Milango. Der is harmlos. Der kennt den Torben auch.
Ich: Hallo Milango!
Norbert: Der schockt ja.
Ich: Hallo! Ich bin Wilfried.
Norbert: Und ich bin Norbert.
Milango: Hä. Ah-ja.
Ich: Allzu viel checkt der ja nicht.
Norbert: Ha-ha.
Ich: Weisst was, hier würds mir auch viel besser gefallen als immer von der Alten angemeckert zu werden. Hier is wenigstens was los!
M-K: Ja, Mensch! Hier is immer wat los!
Norbert: Wah! Jetz wo de die neue Wohnung hier hast würds ja gehn. Ich mein, -
Torben setzt sich zu Milango in den Sessel und albert mit ihm rum, bis er fast überkippt.
Milango: Naa. Ja, hopp, wa- nee- und hopp-
M-K: Hey, kippt doch um!
Ich: Mann - pass doch auf!
Norbert: Höihh-!
M-K: Haut doch einfach da ab, wenns euch nicht mehr gefällt.
Ich: Ja, hmm, nee- das geht doch nich, wie wollen wir das denn mit den Fahrscheinen machen? Die hat er abgeschlossen.
M-K: Wo hat er die abgeschlossen?
Ich: In seim Schreibtisch.
Norbert: Nee, vielleicht komm wer da doch ran. Wenn se mal nicht da sin -
M-K: Wisst ihr was? Ihr überlegt euch genau wie ihr das hintrixt, und wenn ihr glaubt -
Ich: Auf alle Fälle müssten wir morgens weg. Aber wie wollen wir denn das hinkriegen, mit den Fahrscheinen.
M-K: Macht das doch so. Ihr fahrt per Anhalter. Bis Brühl, das is bei Köln, und da wohnt Tante Erika. Da schreib ich euch die Adresse von auf. Und da seid ihr dann erstmal sicher und ich komm dann aus Neustadt und hol euch von da ab. Wie wär das?
Ich: Hm, ja. Obwohl, Trampen is vielleicht n bisschen unsicher.
Norbert: Oder wir fahrn mitm Zug bis Brühl. Und kaufen uns dafür halt ne normale Fahrkarte.
Ich: Und von welchem Geld?
Norbert: Wir ham doch noch welches. Das, was wir gespart haben.
Die Filmszene endet damit, dass Milango, der mit Torben auf dem Schoss im Sessel sitzt, sich eine Zigarette in den Mund steckt und kein Feuerzeug findet. Norbert gibt ihm schliesslich einen grünen ball pen. Milango hält ihn für ein Feuerzeug und versucht vergeblich, aus dem Gerät Feuer zu entlocken. Alle lachen sich schlapp über Milango, der so blau ist, dass er es wirklich nicht merkt.

In Wirklichkeit spielte sich der Dialog über das mögliche Abhauen ein paar Tage später ab. Ich blickte dabei zum Fenster hinaus, auf die Kreuzung Schorbenhöft/Steinkamp, einen Parkplatz und ein paar Bäume vor irgendwelchen Mietshäusern. Es war ein längeres Gespräch.
Der Vorschlag mit Brühl kam tatsächlich von ihr. Schon in Berlin hatte sie diesen Vorschlag gemacht. Norbert war schon seit langem dafür, aus Mainz abzuhauen, ich war seit Jahren skeptischer. Per Anhalter fahren war nicht ganz aus der Luft gegriffen, M-K trampte öfter, auch mit uns zusammen. Oder nahm Anhalter mit, wenn sie selber fuhr. Torben hatte sie das Trampen auch schon beigebracht, und den fünfjährigen Jungen den Daumen hinhalten zu lassen, war immer eine sichere Methode, mitgenommen zu werden.
Ich wusste ganz genau, im Gegensatz zu Norbert, dass unser Vater den Schreibtisch im Wohnzimmer nicht immer abgeschlossen hatte. Er lagerte dort auch Rum und Schnaps. In den letzten Wochen war der Schrank ständig offen gewesen. Zu uns konnten sie mehr Vertrauen haben als wir zu ihnen. Der Schreibtisch war im Prinzip nur abgeschlossen worden, damit die kleinen Kinder nicht auf dumme Gedanken kamen und auf den Papieren malten. Doch die kleinen Kinder waren langsam älter geworden. Ich sah vor meinem Auge, dass es möglich war, an die Fahrscheine zu kommen. Die Frage war, wollte ich es? Ich verriet in diesem Moment nicht, was ich wusste.
M-K war vor einem Jahr tatsächlich in erster Linie deswegen von Berlin nach Neustadt gezogen, damit wir aus Mainz zu ihr abhauen konnten. Doch ihre Begeisterung für diese Idee hatte schon lange spürbar nachgelassen. Längst hatte sie in Neustadt selber genug Probleme, die sich in den vier Umzügen innerhalb eines Jahres deutlich spiegelten. Von der freien Zwei-Zimmer-Wohnung im Schorbenhöft hatte sie zufällig von einer Frau aus einer Kneipe erfahren, einer Alkoholikerin, die wusste, dass dort gerade ein älteres Ehepaar gestorben war. Als M-K die Wohnung anmietete, ging es ihr vor allem darum, aus der Wohnung im Ziegeleiweg herauszukommen, wo sie den halben Winter über in einer kalten Wohnung gefroren hatte und am Ende das Heizöl für das halbe Haus aus eigener Tasche zahlen durfte. Dass wir zu ihr ziehen könnten, war für sie längst nicht mehr aktuell. So überzeugend ihre Argumente sich für uns anhören mussten - es ging ihr mehr um ihre eigene Selbstbestätigung als um eine konkrete Planung und Vorbereitung einer solchen Aktion.
Was wir nicht hätten sagen dürfen in diesem Moment, war, dass wir eigenes Geld gespart hatten. Das gehörte zu den Dingen, die sie sich sehr gut merken konnte. Alles andere aus diesem Gespräch würde sie schnell wieder vergessen.
Ich sah mir die Wohnung an. Ja, hier könnte man wohnen. Auch wenn es eng war und neben Norbert auch noch Torben im Zimmer wohnen und vielleicht manchmal während der Hausaufgaben ein wenig stören würde, es war klar, wohnen wäre möglich, und es wäre in jedem Fall angenehmer als in Mainz. Hier zu wohnen war vorstellbar. Gegen das Schulsystem in Schleswig-Holstein hatten wir auch nichts. Schleswig-Holstein war mit Bayern das einzige Bundesland, wo es Lehrmittelfreiheit gab. Alle Schulbücher wurden in Bayern von der Schule gestellt. Nicht wie in Mainz, wo alle Bücher am Anfang des Schuljahres im Buchhandel teuer gekauft werden mussten.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

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Mainz, Goldgrube Ecke Freiligrathstrasse

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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