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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

07 Wolln wir abhaun? - Countdown in Mainz 1980

Seite:

 

13

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Erinnerung funktioniert komisch. Was blieb, waren die Gedanken und Empfindungen. Was blieb, waren Dialoge. Was blieb, waren auch visuelle Eindrücke, die mit bestimmten Gedanken verbunden waren. Eine Hauswand, eine Strassenszene, auf die ich blickte, als ich einen bestimmten Gedanken äusserte. An die Reihenfolge von Ereignissen, ihre zeitliche Abfolge und die Daten, konnte ich mich schon nach kurzer Zeit kaum noch erinnern.
Die Geheimschrift lernten wir auf der Stelle auswendig. Noch am Vorabend hatte ich eingetragen, dass wir mit Steffen in die Stadt gegangen waren. Und auch, dass ich den A'Bschiedsbrief) an L geschrieben hatte. Erleichtert stellte ich fest, dass Ursula das nicht verstehen konnte. Wie wertvoll doch Abkürzungen waren.
Den ganzen Tag, während wir in der Schule waren, lag dieser Kalender in meiner Nachttischschublade, für Ursula frei zugänglich. Natürlich musste ich ihn jetzt weiterhin drin lassen, weil sie sonst Verdacht geschöpft hätte, dass Robert etwas erzählt hatte. Verbittert schrieb ich in die Zeile des heutigen Tages die letzten Worte in lesbarer Schrift in den Kalender, diesmal ohne Abkürzungen.
Ab jetzt in Deutsch in anderem Kalender, trug ich ein, dahinter ein Schrägstrich, und dann ein letztes Wort: Gulp. Das wars. Danach folgte alles in Dada Urka, für sie völlig unlesbar. Sollte sie diesen ominösen anderen Kalender doch suchen, wo sie wollte.
Dann fiel mir noch ein Gag ein. Ich trug für den 24. April, den vorgestrigen Tag, ebenfalls in Deutsch ein: Abend: Gelallt z. Mami (wg. Ghr.). Das konnte ich mir nicht verkneifen. Sollte sie mich ruhig ansprechen, was mir einfiele, in diesem frechen Ton von ihr zu schreiben. Oder, als Alternative, sollte sie doch einmal darüber nachdenken, was sie an diesem Abend vor zwei Tagen zu uns gesagt hatte. Vielleicht käme sie drauf.
Wir lernten nicht nur Dada Urka. Norbert fing endgültig an, unsere Bauwerke aus Lego abzubauen. Gleichzeitig holte ich mein Heft mit den niederländischen Vokabeln, das ich mir vor einigen Monaten angelegt hatte.
Andere Eltern sahen, wenn ihre Kinder vielleicht eine besondere Begabung oder ein ungewöhnliches Interesse oder Hobby hatten. Na gut, bei unseren Eltern war das eben nicht der Fall. Mir fiel es leicht, Sprachen zu lernen - und aus allen möglichen Spielanleitungen, Gebrauchsanweisungen und Lebensmittelverpackungen hatte ich mir seit langem schon die niederländischen Vokabeln herausgeschrieben und ein Vokabelheft angelegt. So unglaublich es klingt: ich lernte Niederländisch, in dem ich Texte mehrsprachiger Gebrauchsanweisungen verglich.
Mir kam gar nicht der Gedanke, dass es öffentliche Stadtbüchereien geben könnte, wo Lehrbücher zum Erlernen aller möglicher Sprachen für jeden einfach nur frei rumstanden. In einem Jahr würde ich auf diese Weise Griechisch gelernt haben, und in einer Volkshochschule ausserdem einen Russisch-Kurs besuchen. M-K hatte vielleicht weniger Bildung als unser Vater, aber wenn sie etwas gefragt wurde, wusste sie mehr.
Ab jetzt verbrachte ich also fast meine gesamte Freizeit damit, die holländischen Wörter auswendig zu lernen und sie alphabetisch geordnet auf Zettel aufzutragen. Hätte ich schon in Lorscheid Niederländisch gekonnt, wäre mir eine Menge Ärger erspart geblieben.

Die Zeit wurde langsam knapp. Von wem wir uns nicht alles verabschieden mussten. Norbert und ich hatten es nun schon Jutta, Viktoria und Steffen gesagt. Nun gingen wir noch einmal zu zweit in den Stadtpark und besprachen Vorsichtsmassnahmen.
- Was, Viktoria hast du es auch schon gesagt?
- Ja, warum nicht?
- Bist du verrückt, wenn das rauskommt! Du kannst das doch nicht überall rumerzählen.
- Ich erzähl das auch nicht überall rum, ich hab das nur der Viktoria erzählt. Viktoria ist nicht irgendwer.
- Musste das echt sein?
- Ja, das musste echt sein.
- Hält die auch dicht?
- Die hält dicht. Ich hab ihr auch geschrieben, dass sie nichts weitersagen soll.
- Bist du sicher, dass sie s nicht doch irgendwem weitererzählt?
- Jedenfalls nicht jemand den wir kennen. Obwohl, ich weiss gar nicht, wen die-
- Das will ja nichts heissen! Das kann ja über paar Ecken auch noch rauskommen.
- Nee, die is aber nicht so drauf. Wenn ich ihr das schreibe, kann ich mich auch drauf verlassen.
- Meinst du wirklich, dass das absolut sicher ist?
- Ja, absolut sicher. Der kann man echt vertrauen. Über die kommt da nichts raus. Die ist echt anständig.
- Dann könnt ichs auch noch- nee, wart mal. Ich erzähl das lieber gar keim weiter.
- Ich überleg ob wirs Fred noch sagen können. Der würde auch dichthalten.
- Würd ich auch nicht machen. Wenn das nachher doch irgendwo rauskommt, sind wir nämlich am Arsch. Dann können wirs gleich vergessen. Wenn wirs in der Klasse rumerzählen, dann erzählt irgendein Depp das weiter, und dann erfährt das vielleicht irgendein Lehrer und ruft bei uns zu Hause an. Oder sonstwer.
- Ja, das darf natürlich auf keinen Fall rauskommen. Du hast recht.
- Eben.
- Und auch danach darf es keiner wissen.
- Genau.
- Obwohl, danach können wirs Fred doch erzählen, finde ich. Wir sagen Steffen, er kanns Fred danach erzählen. So nach einer Woche oder so.
Mit unserer ganzen Angst und Misstrauen gegenüber den sich vor Gericht schon seit vielen Jahren streitenden Eltern, deren Intrigen und der oft strikten Notwendigkeit, Informationen möglichst geheim zu halten, gelangten wir zu einer absolut unrealistischen Einschätzung der Lage und hatten schon fast eine Art Paranoia entwickelt. Wichtig war nicht nur, dass nichts von unseren Plänen vorzeitig nach aussen drang, was unser Vorhaben gefährdet hätte. Wir wollten es darüber hinaus noch als eine vollkommen spontane und eigene Aktion aussehen lassen, eine völlig eigenständige Entscheidung, mit der M-K und die Osterferien in Neustadt nichts zu tun hatten.
In Wirklichkeit hätte über die Schule kaum etwas nach aussen dringen können. Die Lehrer interessierten sich kaum für die Schüler. Die Informationen wären lächerlich marginal gewesen und hätten auf die Geschehnisse kaum Einfluss gehabt. In einer krassen Fehleinschätzung der Lage befürchteten wir sogar, die Mitschüler könnten hinterher von der Polizei ausgefragt werden, um Aussagen gegen uns zu sammeln und uns mit Gewalt wieder nach Mainz zurückzubringen. Wir entschlossen uns für eine totale Nachrichtensperre.
Je weniger von der Sache wussten, desto besser. Norbert verstand sich mit den Jungen seiner Klasse zwar gut, aber einen guten Freund wie ich mit Steffen hatte er nicht. Wir zwangen uns und alle, die davon wussten, absolut dicht zu halten. Viel zu gross war unsere Angst, uns könnte ein noch so kleiner Fehler unterlaufen und irgendetwas an dem gewagten Unternehmen könnte schiefgehen.
Wir mussten hunderte von Kilometern durch die Republik kommen. Acht Stunden Bahnreise. Alleine, mit zwölf und vierzehn Jahren. Es würde alles andere als ein Kinderspiel werden. Wir waren nicht Ciggi und Cho. Diesmal war es ernst.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

www.100partnerprogramme.de - Geld verdienen im Internet mit Karsten Windfelder

www.affiliate-katalog.de - Partnerprogramm-Suchmaschine

images.google.com - Bilder suchen mit Google

www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Mainz, Goldgrube nahe Welschstrasse

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



Kontakt (Autor, Verlag) siehe Impressum, unten letzte Zeile.
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