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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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08 - High Noon im Innenstadtrevier - Dienstag, der 6. Mai 1980

Seite:

 

07

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Eine Idee, wie wir aus unserer Lage wieder rauskamen, hatten wir natürlich nicht. Aber mit kam eine willkommene Idee. Sobald sie uns entlarvt hätten, würde ich sagen, sie müssten das verstehen, sie hätten in meiner Lage vielleicht auch so gehandelt. Das gab das nötige Selbstvertrauen. Im Zirkus turnte es sich auch leichter mit Netz.
Ich ordnete meine Gedanken. Was hatten wir alles gesagt? Was war brauchbar gewesen, was nicht? Welche Details würden wir jetzt rauslassen, welche mehr betonen? Während wir das Gepäck aus dem Wagen holten, hatte ich genug Zeit zum Nachdenken. Im Prinzip war unsere Story gar nicht so schlecht. Der Name Wolter war gut. In einem günstigen Moment liesse sich notfalls M-K reinbringen. Wir hatten sie ja gestern angerufen. Hoffentlich hatte sie das wirklich verstanden. Hoffentlich würde sie sich nicht verplappern. Ich war naturgemäss skeptisch und würde es nur im Notfall drauf ankommen lassen.
Ein Rollgitter war in der Torbogeneinfahrt hochgezogen worden, der Funkwagen hatte ein paar Meter weiter im Durchgang auf der linken Seite neben einer kleinen Treppe gehalten. Es war der Eingang der Polizeiwache. Der Beifahrer nahm noch einmal das Funkgerät und meldete sich bei der Einsatzzentrale mit Status Dienststelle ab.
Norbert und ich kamen einen kurzen Moment unbeobachtet zusammen, draussen, vor dem Kofferraum des Wagens, aus dem wir unsere Sachen holten. Norbert fühlte sich sehr unbehaglich.
- Mann, da hast uns ja voll reingeritten.
- Was sollt ich machen? War die einzige Chance.
- Und wie soll das jetz weitergehn?
- Ja, des wermër nachher scho seng.
Das war ein Zitat von Karl Valentin aus dem Firmling. Etwas anderes fiel mir in diesem Moment nicht ein. Das Rollgitter ging wieder herunter und versperrte den Ausgang. Jetzt waren wir gefangen.

Begleitet von den Polizisten schleppten wir unsere Tüten und Taschen ins Polizeigebäude. Zuerst ging es ein paar Treppenstufen hoch, dann durch eine Glastür, dahinter befand sich ein kleiner Zwischenraum, von dem aus eine weitere Glastüre in einen Flur führte. Die zweite Türe links war die Innenstadtwache.
Die Wachewar ein kleiner, länglicher Raum mit hoher Decke. Neben der Türe stand eine ungemütliche Sitzbank aus Holz. In der Mitte des Zimmers zog sich quer vor uns eine Art Theke durch das Zimmer, versehen mit einer Schwingtüre wie in einem Cowboysaloon. Dahinter sassen oder standen die Polizisten vor zwei hohen Altbaufenstern um einen grossen Tisch.
Auf der linken Seite schloss sich ein anderer Raum an, dessen Türe nur hin und wieder geöffnet wurde. Die Beamten hatten dort ein paar kleine Schränke, in denen unter anderem ihre Dienstwaffen lagerten. Die Tür des Nebenzimmers auf der rechten Seite befand sich hinter der Theke und war meist geöffnet. Ich vermutete, dass sich dort eine Art Ausnüchterungszelle befand. Schnarchende Männer waren hin und wieder zu hören. Vielleicht schliefen welche ihren Rausch aus.
In Wirklichkeit war es nicht die Ausnüchterungszelle, sondern ein weiterer Arbeitsraum, um Anzeigen aufzunehmen. Aber in Nächten wie diesen, in denen nichts los war, schliefen Kollegen, die nichts zu tun hatten, manchmal auf ein paar Stühlen, die sie sich dort zusammenstellten.

4:52 Uhr. Als wir die Wache betraten, löste das kaum eine Reaktion aus. Niemand der anwesenden zwei oder drei Polizisten begrüsste uns. Enttäuscht stellten wir fest, das dieselben Beamten auch weiterhin unseren Fall bearbeiten würden. Diejenigen, die bereits in der Wache gewesen waren, sahen zu, gaben hin und wieder ein paar Kommentare, wirkten jedoch noch lustloser, mürrischer und schlechter gelaunt als die Kollegen vom Streifenwagen. Der dritte Polizist aus dem Polizeiwagen zeigte uns, wo wir unsere Sachen hinstellen sollten.
- Ja, stellts die mal da hin. So, da drauf. Oder dahin.
Als wir das Lego neben die Holzbank stellten, mussten wir vorsichtig sein, dass die randvolle Tüte nicht umkippte. Währenddessen gingen die drei Beamten durch die Schwingtüre hinter die Theke.

Schrader fand den Fall rätselhaft. Dass die Kinder die riesige C&A-Tüte überhaupt tragen konnten! Er hielt es für unwahrscheinlich, dass wir mit dieser schweren Tüte schon in Mannheim gewesen waren. Auch die Geschichte mit der Jugendherberge gab keinen Sinn. Dafür waren die Kinder doch zu klein! Vor allem, dass sie ohne rot zu werden erklärten, ihre Eltern seien mit einer solchen Aktion auch noch einverstanden! Um selbständig zu werden! Die Kinder taten gerade so, als würden sich die Eltern überhaupt keine Sorgen machen! Er brauchte wahrhaftig kein Polizist zu sein und die Gesellschaft viel zu gut von ihrer schlechtesten Seite her zu kennen, um sich schon beim Gedanken daran unwohl zu fühlen. Sachen konnte man erleben im Nachtdienst, die waren kaum zu glauben. Wenn er heimkommen würde, würde er es erstmal seiner Frau erzählen. Doch noch wusste er immer noch nicht, wie er den Fall überhaupt einschätzen und schon gar nicht, was er machen sollte.
Ein etwas älterer Polizist mit rundlichem Gesicht und Halbglatze sass auf einem Drehstuhl an einem grossen Tisch. Schrader lehnte sich an die Wand am Fenster und sah ihn etwas ratlos an. Einige andere Polizisten waren auch im Raum, unterhielten sich dann und wann oder warteten ab.
Es dauerte einige Zeit, bis der ältere Kollege auf uns aufmerksam wurde und die Streifenpolizisten fragte. Erstaunlich lange, fand Norbert. Wir hatten die Taschen neben die Holzbank gestellt und standen ratlos herum.
- Wer isn das? Wo habt ërn die her?
- Von der Rheinstrass. Wollten per Anhalter wegkomme. Sagn sie wohnen in Norddeutschland.
Ein anderer Polizist bot uns endlich an, dass wir uns auf die Bank setzen konnten.
- Setzt euch mal da hin. Hier auf die Bank.
- Hë, ja - danke.
Der Polizist am Drehstuhl schien der Chef hier zu sein. Er hatte drei grüne Sterne auf der Schulter. Der Fahrer begann, ihm alles von uns zu erzählen. Ein Telefongespräch kam dazwischen. Der ältere Kollege nahm es entgegen. Wieder hatten wir eine kurze Pause.
Wenn du willst, dass wir hier rauskommen, dann gib, dass wir hier rauskommen. Dein Wille geschehe. Wie im Himmel so auf Erden. Und vergib uns unsere - und so weiter, aber das kennst du ja schon. Den Kram musst du dir wahrscheinlich mehrere tausend Mal am Tag anhören. Gut, wenn du willst, dann sei jetzt bei uns. Ohne dich kommen wir hier nicht raus. Soviel ist klar. Ich halte es für absolut unwahrscheinlich, dass wir heute hier noch aus Mainz wegkommen. Nur wenn du willst, wird das möglich sein. Ich liege in deiner Hand. Gib dass wir es schaffen. Sei ganz nah hier. Nimm das einfach hier in die Hand. Norbert hat recht, ich hab uns hier ganz schön reingeritten. Nur du kannst uns hier wieder rausbringen. Ich weiss, das ist ganz schön dreist, darum jetzt noch zu bitten, aber trotzdem würde ich es gut finden, wenn wir es schaffen. Wenn du es willst, dann kannst du es. Mach was du für richtig hältst.

Der Wachleiter hatte wieder aufgelegt. Es ging weiter.
- Wo bei der Rheinstrass?
- Vorne. Da beim Hilton. Ich glaub dene kei Wort.
- Beim Hilton?
- Ja, die standen direkt vor dem Hotel an der Rheinstrass und wollten per Anhalter weg. Na hammer se mitgnomme.
- Was soll mër jetz da machen? Wie heisst ihr denn? Habt ihr Papiere?
Schrader begann, sich mehr zurückzuhalten und überliess die Fragen seinen Kollegen. Wenn er doch nicht so hundemüde wäre! Ob er den Kindern doch glauben sollte? Hatte er eben im Auto zu grob reagiert? Nachts änderte sich irgendwie die Bevölkerung.
- Ich heisse Wilfried.
- Und ich Norbert.
- Die Papiere und Fahrkarten ham wër verloren.
- Was, die Papiere auch?!
- Ja, auch die Ausweise, die warn da auch mit drin.
- Verloren? Wo ham se die verloren?
- In der Jugendherberge.
Das mit der Jugendherberge war ein Schwachpunkt. Ich musste den Beifahrer sofort korrigieren.
- Nee, des war doch unterwegs.
- Ja, des wissense selber net.

Aufgegriffene Kinder, die nicht zu Angehörigen gefahren werden konnten, mussten in ein Kinderheim gebracht werden. Für die Polizei bedeutete dies, dass ein Bericht ans städtische Jugendamt geschrieben werden musste, ordentlich formuliert und mit allen ermittelten Daten. Einen Bericht, den der Dienstgruppenleiter am Ende absegnen musste. Solche Berichte an andere Ämter stellten die Polizei nach aussen dar, mussten sorgfältig recherchiert und in gutem Deutsch abgefasst werden. Alle im Raum hätten sich diese Arbeit gerne erspart, nicht nur der Wachleiter.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

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www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Mainz, Portal der ehemaligen Innenstadtwache Klarastrasse (Foto 2003)

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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