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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

08 - High Noon im Innenstadtrevier - Dienstag, der 6. Mai 1980

Seite:

 

09

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In einer Zwei-Zimmer-Wohnung irgendwo in einer schleswig-holsteinischen Kleinstadt klingelte ein Telefon. Das störte zunächst nicht weiter. Leo lag zwei Meter davon entfernt in einem Bett und schlief. Nach dem dritten Mal klingeln drehte sich Leo um und brummte.
Ein klingelndes Telefon war prinzipiell irgendwie unangenehm. Vor allem, wenn es nicht bald aufhörte.
Und es hörte nicht bald auf. Nach etlichen weiteren Malen Klingeln begann sich bei Leo der Gedanke durchzusetzen, dass neben ihm eine Frau lag und er sich möglicherweise gar nicht in seiner Berliner Wohnung befand. Ein sehr willkommener Gedanke. Es war vielleicht gar nicht sein Telefon, also könnte es ihre Verantwortung sein. Er stiess sie an und drehte sich wieder um.

Manfred Schrader stand neben dem Tisch und wartete geduldig. Er fragte uns noch einmal, ob die Nummer stimmte. Wir sagten ja, und unsere Mutter sei auch zu Hause. Er solle nur abwarten.
- Na, die wermër ausm Bett holn.
Lächeln in der Wache. Er zählte mit. Sechs mal schon, sieben mal. Acht. Neun.

Das Telefon war offenbar eines von der ganz unangenehmen Sorte und hörte tatsächlich nicht auf zu klingeln. Leo drehte sich noch einmal um und stiess Karin zum dritten Mal an.
- Ey wa, Karin, Telefon.
- Ja, geh doch mal ran.
- Hmm.
Leo stand auf und schwankte in Richtung des Klingelns. Es kann sein, dass er hier schon die Augen öfffnete. Noch immer war ihm nicht endgültig klar, wo er sich überhaupt befand.
- Ja-
- Ja, Schrader, Polizei Mainz guten Morgen. Spreche ich mit Herrn Wolter?

Der Schreck schoss uns in die Glieder. Ein Mann hatte abgenommen! Das konnte doch nicht wahr sein, ich hatte ihm eine falsche Nummer diktiert! Ich wusste sie doch auswendig! Noch gestern früh hatte ich diese Nummer gewählt. Da hatte ich sie doch auch auswendig gekonnt! Warum klappte denn heute überhaupt nichts?! Der Polizist musste sich verwählt haben. Hoffentlich hatte er sich nur verwählt. Es konnte einfach nicht sein, dass diese Nummer nicht stimmte!

Leo wusste nicht viel in diesem Moment, aber er wusste immerhin soviel, er war nicht Herr Wolter. Dass die Frau, die er vor Jahren einmal in einer Steglitzer Kneipe kennengelernt hatte und die er ein oder zweimal im Jahr in Westdeutschland besuchte, mit Nachnamen Wolter hiess, konnte er nun wirklich nicht wissen. Jedenfalls nicht um die Uhrzeit.
- Hä, wa? - Nee-
- Nicht?
- Wolter? Nee-
- Das ist nicht bei Wolter?
- Häh? Nee- Ach so- wa- nee- oder?-
- Bin ich verbunden mit der Nummer dreiundzwanzig sechsunddreissig? Hier spricht die Polizei Mainz.
Polizei Mainz hätte Herr Schrader nicht ausgerechnet noch ein zweites Mal bringen müssen. Leo war aus Berlin.

Und Berlin war auf dem Weg ins Lummerland - seit Anfang letzten Jahres wurden Häuser besetzt, vor allem in Kreuzberg und Neukölln, und es war nur noch eine Frage der Zeit, wann die Rechtsaussen-Riege der CDU mit Heinrich Lummer an der Spitze in Berlin die Zügel in die Hand nehmen und die Probleme endlich mit Hilfe der Polizei lösen würde.
Die tiefen Risse in der Berliner Gesellschaft traten nirgendwo deutlicher zutage als in Kreuzberg, wo von vielleicht zweihunderttausend Einwohnern nur ein Drittel zu den Wahlen gegangen war, von denen auch noch vierundvierzig Prozent CDU und FDP gewählt hatten. Die anderen hatten entweder keinen Bock, waren nicht gemeldet oder hatten gar kein Wahlrecht, weil sie oder ihre Eltern einmal vor vielen Jahren aus der Türkei oder anderen Ländern nach Berlin eingewandert waren. Die Stimmung in der Stadt war kurz davor zu explodieren - und die Aufgabe der Berliner Polizei bestand in erster Linie darin, dafür zu sorgen, dass genau das in den Jahren, die nun folgen sollten, dann auch tatsächlich eindrucksvoll passierte.
Der langhaarige Altrocker Leo arbeitete als Bühnenelektriker genau in dieser Gegend und wohnte in einer Altbauwohnung zwischen der Sonnenallee und der Mauer im Südosten der Stadt - dort machte es in dieser Zeit grundsätzlich keinen guten Eindruck, sich am Telefon mitten in der Nacht mit den Worten Polizei, guten Morgen zu melden.
Und um zu wissen, wie er darauf zu reagieren hatte, hatte Leo es wahrhaftig nicht nötig, sich den Luxus zu erlauben, auch noch extra aufzuwachen - das wusste er auch im Schlaf.
- Nee, weess ick nich - ick weess hier nischt.
- Bin ich denn richtig verbunden? Mit der Nummer zwo-drei-drei-sechs?
- Hier steht - nee, ick weess hier jar nischt.
- Ja, was steht denn da drauf, auf dem Telefon für eine Nummer? Lesen Sie das doch mal ab!
- Da steht jar nischt - oder - ick kann det nich lesen, ja?
- Sie können das nich lesen? Das kann doch nich- ach so, haben Sie ihre Brille nicht auf? Sind Sie Brillenträger?
- Nee, weess ick nich- nee- ja, ick hab meene Brille nich uff.
- Aha, Sie haben Ihre Brille nich auf. Wo haben Sie sie denn liegen?
- Nee, weess ick nich.
- Sie wissen nicht, wo Ihre Brille liegt? Versuchen Sie sich doch daran zu erinnern, wo haben Sie sie denn hingelegt? Aufm Nachttisch vielleicht?
- Weess ick nich, haack ja jesacht, ick weess hier nischt - ick weess nich wo die Brille licht, ick weess hier jar nischt.
- Sie wissen gar nichts? Wissen Sie denn, wie Sie heissen?
- Nee, weess ick ooch nich - ick sach Ihnen-
- Sie können mir doch nicht sagen, das Sie sich nicht an Ihren Namen erinnern, sie müssen doch wissen wie Sie heissen! Ihren Namen! Sie haben mir ja gesagt, dass Sie nicht Wolter heissen!
- Nee, ick sach Ihnen, ich weess hier jar nischt - nischt!- Jar nischt!-
- Gar nichts?
- Na-jut - wartense ma - Mment ma- wartense ma-mMoment -
- Ja, in Ordnung - ich warte. - Des gibts do net, der weiss no net amal wie er heisst-

Wir hatten keine Ahnung, was da ablief. Ganz offenbar hatte er bei einer anderen Familie angerufen. Und ganz offenbar war da am anderen Ende der Leitung jemand, der einen Gag produzierte. Ausgerechnet jetzt. Einer, der sich einen Gag daraus machte, die Polizei so lange wie möglich hinzuhalten. Ich musste fast schon wieder lachen.
Wir fieberten mit Schrader mit und hofften, er würde endlich einen Hinweis erhalten, wo er überhaupt angerufen hatte. Erst hatte er rausgekriegt, dass der Typ am anderen Ende der Leitung Brillenträger war, und nun hatte er es offenbar auch noch geschafft, ihn dazu zu bewegen, endlich seine Brille zu suchen.
2336 musste einfach stimmen - dann musste also etwas an der Vorwahl nicht richtig gewesen sein. Vielleicht sollte er einmal fragen, ob er sich überhaupt in Neustadt befand? Vielleicht war er mit 2336 in einer anderen Stadt verbunden, vielleicht Bad Segeberg oder so? Das wäre nicht schlimm, das wäre 04551. Aber Neustadt musste einfach 04561 sein.
Die Chancen standen denkbar schlecht, dass M-K's neue Nummer einen Monat nach ihrem Umzug schon im Telefonbuch stand und über die Auskunft in Erfahrung zu bringen war. Musste heute eigentlich alles schiefgehen? Aber noch war das Gespräch nicht zuende. Er schien zu warten. Es gab noch eine Hoffnung. Wenn auch nur in Bad Segeberg.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

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www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Mainz, ehemalige Innenstadtwache Klarastrasse (Foto 2003)

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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