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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

08 - High Noon im Innenstadtrevier - Dienstag, der 6. Mai 1980

Seite:

 

43

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8:07 Uhr. Wir waren von der kleinen Baracke der Bahnpolizei in die grosse Halle der Gepäckabfertigung, einige Meter weiter, gegangen. Überall standen Kartons, Koffer und Fahrräder. Viele grosse Regale. Eine grosse Bahnhofsuhr hing von der Stahlbetondecke. Dahl diskutierte mit den beiden Polizisten. Wir standen etwas verlassen dazwischen. Ein jüngerer, blonder Angestellter kam von der Seite des Hauptgebäudes und gab Dahl einige Formulare in die Hand.
Dahl machte immer noch Schwierigkeiten. Der blonde Schalterbeamte verstand überhaupt nicht, wo das Problem lag - die Nachlösung war doch da, warum konnte er nicht endlich die Fahrscheine ausdrucken? Ausserdem konnte er seinen Sonderschalter nicht so lange verlassen.
Minutenlang diskutierten die Beamten um Papierkram. Dahl lamentierte mit Schmidt über alles, was sich Schrader herausgenommen hatte und was wir auch schon wussten. Noch einmal setzte sich der Schalterbeamte dafür ein, die verfahrene Diskussion zu beenden, er habe schliesslich nicht ewig Zeit. Auf seinen Druck hin gab Dahl schliesslich seine Zustimmung, er könne die Fahrkarten jetzt ausdrucken und herbringen. Der Beamte verschwand und die anderen diskutierten unverdrossen weiter. Ich hoffte, sie würden fertig sein, wenn der Zug einfuhr. Leider war der Schalterbeamte, der sich für uns eingesetzt hatte, jetzt weg. Ich hoffte, er käme möglichst schnell wieder, und der Zug hätte Verspätung.

Vergeblich. Der Intercity IC 133 Merkur hatte Mainz-Süd bereits hinter sich, befand sich nun im Tunnel unter der Zitadelle und näherte sich dem Hauptbahnhof. Die formschöne Lokomotive der Baureihe 103 schob sich auf die Minute genau pünktlich aus dem Tunnel und leuchtete für einige Momente in rot-beigen Farben in der Morgensonne.
Dann fuhr der Zug in den Bahnhof ein. Die quietschenden Bremsen des Intercity waren in der Halle der Gepäckabfertigung nicht zu überhören. Die Beamten diskutierten unbeeindruckt weiter. Ich stand an einer Stelle, wo ich aus dem Fenster sehen konnte. Ja, eindeutig, es war unser Zug.
Verspätung hatten die Züge der Bahn grundsätzlich immer an den falschen Tagen.

8:11 Uhr. Endlich kam der Schalterbeamte wieder zurück. Er hatte die Fahrkarten und IC-Zuschläge dabei. Klauen und abhauen, war mein erster Gedanke. Aber daraus wurde nichts. Er gab sie Schmidt. Klauen hätte sowieso nichts gebracht, wir kamen ja nicht an das Gepäck.
Dahl gab Schmidt einen grossen weissen A4-Zettel. Es war offenbar ein Formular, mit Durchschlag, oder ein Block. Daneben gab es noch einen kleinen Zettel, etwa A5, ebenfalls mit Durchschlag. Sie diskutierten nun herum, wer welche Durchschläge bekommen würde, und welche Dokumente für die Polizei bestimmt seien.
Im nächsten Moment kam der Intercity quietschend auf Gleis 3 zum Stehen. Ich konnte den letzten Waggon noch sehen. Der Zug war so lang, dass dieser letzte blau-beige Zweiter-Klasse-Wagen gar nicht in den Bahnhof passte.
Was für eine Tragik. Wir würden ihn nur um zwei oder drei Minuten verpassen, vielleicht vier. Erst in einer Stunde fuhr der nächste. Und zwar mit Sicherheit ohne uns.
Obwohl, wer konnte das wissen. Ich hatte zu hoffen begonnen, die Beamten würden noch ewig weiterdiskuieren. Sie hatten schon vorhin den Eindruck erweckt, als hätten sie noch locker für fünfzehn oder zwanzig Minuten Gesprächspotential. Vor meinem geistigen Auge sah ich schon die Uhr auf 8:30 Uhr stehen und irgendwann die Diskussion im Raum, ob wir denn nicht gleich bis neun hier im Bahnhof bleiben könnten. Besser als in der Wache war es hier allemal.
Für die Polizei war anscheinend keiner der Durchschläge gedacht. Sie einigten sich darauf, dass Polizist 7 zusammen mit dem Schalterbeamten den grossen Zettel kopieren sollte. Es musste der Zettel sein, auf dem dem Schalterbeamten M-K's Daten aus Lübeck diktiert worden waren. Vielleicht brauchte Schmidt die Daten für seine komische Anzeige.
Schmidt wandte sich nun mir zu und gab mir den kleineren Zettel. Die Fahrkarten und Zuschläge behielt er immer noch in der Hand. Ich hatte keine Chance, an sie zu kommen. Wie ich es auch drehte - die Fahrscheine würde der kräftige Polizist mit der Halbglatze erst dann rausrücken, wenn er es für richtig hielt.
- So, unterschreibts da.
Unterschreiben? Was war das jetzt - sollten wir es doch noch schaffen? Es waren immer noch zwei Minuten! Ich legte den Zettel blitzschnell auf das Blech einer langen Anrichte und unterschieb augenblicklich mit Wilfried Wolter. Norbert und ich hatten in den Minuten vorher schon abgesprochen, nicht zu vergessen, dass wir ja Wolter hiessen. Als ich Norbert den Zettel reichte, sah ich plötzlich mit Entsetzen, dass weiter unten auf dem Zettel der Name Schultheiss auftauchte. Ich zeigte Norbert mit dem Finger auf unsere Namen.
- Scheisse, Mami-Karin is so doof-
Norbert unterschrieb in relativ deutlicher Schrift mit seinem Vornamen und setzte sehr unleserlich eine wellenartige Linie als Nachnamen dahinter. Die Beamten unterhielten sich in dieser halben Minute weiter. Sie bemerkten nun endlich, dass der Zug abfahrbereit auf Gleis 3 stand, und wandten sich wieder uns zu.
- So, habt ihrs jetz?
Schmidt nahm den Zettel von mir entgegen, riss den Durchschlag ab, gab diesen dem Kollegen von der Bahnpolizei und warf dann selbst noch einmal einen kurzen Blick auf das Nachlöseformular, bevor er es dem blonden Schalterbeamten zurückgeben wollte. Und dann entdeckte er den Widerspruch. Schmidt. Ausgerechnet er. Ausgerechnet jetzt.
- Wieso steht da Schultheiss?
8:11 Uhr und fünfundvierzig Sekunden. Nur wenige Sekunden später und er hätte mir die Fahrkarten gegeben. Und wir wären im Intercity gesessen. Was für ein Pech wir auch haben mussten an diesem Morgen.
Ich hatte nur noch eine einzige Chance, rechtzeitig an diese Fahrkarten zu kommen. Wenn ich jetzt die richtige Antwort brachte. Zehn Sekunden Zeit gab ich mir noch. Und in diesem Moment fiel ausnahmsweise einmal mir etwas ein.
- Ach- naja, unsre Eltern sin geschieden- und da-
- Ach so- geschieden, ja gut, dann aber schnell jetz. Euer Gepäck müsst ër ja auch noch holn.
Unglaublich, er gab sich tatsächlich zufrieden mit meiner verlegenen Antwort und gab mir die Fahrscheine! Ich steckte sie augenblicklich tief in meine Jackentasche. Und ab, raus aus der Halle, zum Polizeiauto.
Es war mir tatsächlich gelungen, im Unterton den Widerspruch als einen unbedeutenden Nebenaspekt einer komplizierten Geschichte wirken zu lassen. In der Hektik dieser Minute und unter dem Eindruck des blau-beigen Zuges auf Gleis 3 zog Schmidt es vor, nicht noch einmal nachzudenken.
8:12 Uhr. Polizist 7 war die Hektik egal. Er sah Norbert nun mit einem völlig eindeutigen Lächeln an. Nun hatte er es begriffen. Vielleicht war er nur deswegen mitgekommen. Er blieb zusammen mit dem Schalterbeamten stehen, während wir mit den beiden anderen zum Polizeiwagen eilten, um das Gepäck zu holen.
Polizist 7 musste nun den Zettel kopieren, damit sein Vorgesetzter die Anzeige gegen die Mutter der Kinder fertigschreiben konnte. Gegen die geschiedene Mutter, die einen ganz anderen Nachnamen als die Kinder hatte.
Norbert drehte sich noch einmal um und sah Polizist 7 an. Er schüttelte leicht den Kopf und lächelte uns nach. Norbert lächelte zurück.

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Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

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Mainz, ehemalige Halle der Gepäckabfertigung (Aufnahme 1990)

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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