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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

14 - Die alle nicht der Wahrheit entsprechen - Fünf Tage im Dezember 1982

Seite:

 

06

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Mittwoch, 8. Dezember 1982
Die Schule ödete und kotzte Jochen und mich zwar nicht an, aber einfacher wurde es auch nicht. Heute hatten wir die zweite Klausur in Kunst geschrieben, übermorgen war Chemie dran. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag in Cismar, Chemie üben.
Nachdem wir an den Tagen vorher in der Stadt Flugblätter verteilt hatten, zeigte die Friedensgruppe als Auftaktveranstaltung von Neustadt's Friedenstagen heute abend im Vortragssaal der Stadtbücherei den Film Der grosse Diktator mit Charly Chaplin. USA 1940. Tanz mit der Weltkugel.

Donnerstag, 9. Dezember 1982
Am Donnerstag hatten Jochen und ich bis zur dritten Stunde Schule und gingen dann, wie üblich, zum Rackersberg, hingen rum und warteten. Gegen halb zwölf rief Herr Heynsen an. Aus München. Eine Überraschung.
Herr Heynsen, der Psychologe aus Kiel, ein älterer Herr, war ständig unterwegs und einer der wenigen, den M-K schon länger kannte und mit dem sie sich ausnahmsweise nicht total verkracht hatte. Herr Heynsen musste schon zu einer Zeit, als M-K und ihre Schwestern noch in Neustadt bei ihrer Grossmutter im Sandberger Weg lebten, als Familienpsychologe eingeschaltet worden sein. Er kannte M-K's Probleme schon lange, schon aus ihrer Schulzeit.
Heute war ja der 9. Dezember - der Tag, an dem M-K aus ihrer Kur entlassen wurde. Herr Heynsen ragte uns ziemlich aufgeregt, ob wir wüssten, dass M-K zu uns nach Neustadt kommen wollte. Oh nein, das wussten wir nicht. Wir konnten es auch gar nicht richtig glauben, was wollte M-K denn in Neustadt? Torben war in Berlin und jetzt musste sie sich doch wieder um ihn kümmern. Ein weiteres Detail, das Herr Henysen uns erzählte, war kurios: M-K habe ihn aus Belgien angerufen, wo sie mit einer Mitfahrgelegenheit war. War sie nicht im Saarland? Was wollte sie denn in Belgien? Alles sehr mysteriös.
Um viertel nach zwölf riefen wir bei Frau Förster in Cismar an, die nach Neustadt kam und Jochen und mich um halb zwei nach Cismar abholte. Den ganzen Nachmittag beschäftigten wir uns damit, wovon ich in dem Moment noch völlig irrtümlicherweise glaubte, es sei das wesentlich bedeutendere Problem des morgigen Tages.
Redox-Reaktionen. Chemie-Klausur Nummer zwei. Um zehn Uhr machten wir das Licht aus und legten uns schlafen, den Kopf voller Oxidationszahlen.

Freitag, 10. Dezember 1982
Es war noch dunkel in Ostholstein. Der Ostpreusse fuhr seinen Schulbus durch Grömitz. Ein Junge in Albersdorf stieg zu. Danach kam Bliesdorf.
Oxidationszahlen. Redox-Reaktionen. Sauerstoff minus zwei, Stickstoff minus drei, Wasserstoff plus eins. Oxidationszahl von Schwefel in Schwefelsäure. H2SO4. Zwei mal eins minus vier mal zwei sind minus sechs, also sechs. Schweflige Säure war H2SO3. Der Bus kam am Gymnasium an. Erste und zweite Stunde: Chemie-Klausur zwei.
Wir standen vor dem Chemieraum auf dem Flur im zweiten Stock und warteten. Die Heizungen waren wie immer schön warm. Ich stand gerne an der Heizung und wärmte mich auf. Martin Schmeisser kam auf mich zu und fragte und mich doch tatsächlich, ob ich ihm in der Klausur helfen würde. Ganz schön mutig. Die meisten Neonazis waren inzwischen von der Schule geflogen, nur Martin Schmeisser war noch übrig. Und auch er würde zum Halbjahr in hohem Bogen von der Schule fliegen, das war bekannt. Es hatte sich herumgesprochen, dass er ab nächstes Jahr möglicherweise in ein Internat nach Plön gehen würde. Wenn sie ihn dort überhaupt nahmen.
Alle wussten, auch er, dass ich Sven von Thünen kalt hatte abblitzen lassen. Es lag in der Luft, dass von Martin genau jetzt was kommen musste. Ich sah ihn fragend an.
- Es ist so. Ich will auf dieses Internat in Plön, ich denke das weisst du.
- Ja, das ist bekannt.
- Und dort nehmen sie mich aber nur dann, wenn ich - also ich will dir das ehrlich sagen - wenn ich keine zwei Fünfen hab. Und es ist so, ich hab in Mathe schon eine Fünf sicher und ich- in Englisch krieg ich ne Vier, - ja echt, wirklich-
- Bio auch?
- Ja, Bio auch, aber- also ich hätte es auch fast geschafft, aber in Chemie hab ich keine Chance. Ich hatte in der letzten Klausur ne Sechs, also null Punkte- ich weiss nicht ob du das weisst-
- Ich konnte es mir denken. War nicht schwer zu raten, wer die null Punkte hatte.
- Okay, also ich hatte die. Also ne Fünf oder ne Vier würde ich in dieser Arbeit vielleicht noch selber hinkriegen, wenn ich mich wirklich anstreng - aber ich bräuchte ja mindestens ja ne Drei oder ne Zwei. Eigentlich brauch ich ne Zwei, weil ich bin ja mündlich auch schlechter als Vier.
- Und du willst dahin, nach Plön?
- Ja, das will ich. Nur eigentlich hab ich keine Chance mehr. Die Fünf in Mathe ist sicher. Und Chemie halt auch. Es sei denn-
- Ist auch sicher ne Fünf in Mathe? Ist keine Sechs?
- Nein, ne Fünf, die is sicher. Ich weiss, dass du das nicht musst, und ich weiss auch, dass wir da ziemlich gemein gewesen sind zu dir, und das war auch ziemlich scheisse und ich hab da auch mitgemacht - ich weiss auch, dass das jeder sagen kann - ich mein, ich würde es auch verstehen, wenn du mir da nicht helfen würdest jetzt.
- Also du brauchst ne Zwei?
- Um ne Vier zu kriegen, im Prinzip ja. Ja, das ist die Scheisse. Ich mein, das ist meine letzte Chance. Und ich mein, ich würd dich ja nicht fragen, wenn ich- Chemie- ich mein du kennst mich ja- du weisst ja wie gut ich in Chemie bin- ich hab da eigentlich keine Chance, ich kann da noch so viel üben. Ne Vier würd ich vielleicht schaffen.
- Ne Zwei. Cool. Na, dann setz dich mal neben mich.
Der Lehrer, Herr May, wir nannten ihn Oktober, hatte die Klausur wie üblich in zwei Gruppen A und B eingeteilt, damit nicht abgeschrieben werden konnte. Ich bekam B. Martin A. Wir sassen in der zweiten Reihe. Dazwischen immer zwei Plätze frei. Ich löste erst einen Teil meiner Aufgaben und flüsterte ihm zu, er solle erstmal anfangen, die Aufgaben zu lösen, die er halbwegs konnte. Martin fing an. Nachdem ich für mich soviele Aufgaben fertig hatte, dass es für eine Zwei reichen dürfte, gab ich ihm ein Handzeichen und er schob mir seine Zettel unter der Bank rüber. Nicht nur das Aufgabenblatt, auch dein Geschreibsel, meinte ich zu ihm. Er schob seine Zettel auch rüber. Ich las sie kurz durch. Oh nein, das wäre wohl wirklich nichts geworden.
Oktober hätte nie vermutet, dass ich ausgerechnet ihm helfen würde und beachtete uns gar nicht. Ausserdem hatten wir unterschiedliche Gruppen. Er sah nicht, dass ich jetzt Martins komplette Klausur löste. Die ersten beiden Aufgaben schob ich ihm schon wieder rüber, er solle sie abschreiben, und machte mich an die weiteren. Auch meine durchgestrichenen Sachen sollte er abschreiben und sauber lesbar wieder durchstreichen.
Ich baute absichtlich Fehler ein, denn er brauchte ja keine Eins, sondern nur eine Zwei. Ich war richtig geschickt. Ich schrieb bei einigen Aufgaben mehrere falsche Lösungen hin, die ich wieder durchstrich, und zufällig war immer der letzte Versuch, der stehenblieb, die richtige Lösung. Der Lehrer musste den Eindruck bekommen, der Schüler habe lange rumprobiert und nachgedacht, bis er am Ende mit mehr oder weniger Glück auf die richtige Lösung gekommen war.
Ich orientierte mich dabei an den falschen Ansätzen, die Martin schon am Anfang selbst hingeschrieben hatte. Und nicht zuletzt baute ich bei einigen Aufgaben auch tatsächliche Fehler ein, Fehler, bei denen Oktober wusste, dass die mir nie unterlaufen wären. Denn er brauchte ja keine Eins. Und auch dort drehte ich es so, dass Martin für den richtigen Ansatz schon genug Punkte bekam, auch wenn die Lösung am Ende falsch war. Endlich mal eine sinnvolle Aufgabenstellung bei einer Klausur.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

www.100partnerprogramme.de - Geld verdienen im Internet mit Karsten Windfelder

www.affiliate-katalog.de - Partnerprogramm-Suchmaschine

images.google.com - Bilder suchen mit Google

www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Neustadt in Holstein, Der Laden, Rackersberg 30. Die Wohnungstür befand sich um die Ecke neben dem Zigarettenautomaten. Wir wohnten im ersten Stock; hinter dem linken Dachfenster war die Küche. Aufnahme Juni 1983.

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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