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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

Ins Netz gestellt von Planet Poster Editions

Kapitel:

 

17 - Die lange Nacht vor der Kamáres-Höhle - Kreta-Tour Winter 1984/1985

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09

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Liège. Yvette regte sich auf. Sie war Sozialarbeiterin und wollte mit neunundfünfzig endlich in den Vorruhestand gehen, doch es war ihr verweigert worden. Kein Wunder, dass die Arbeitslosenrate in Belgien so hoch war. Wir gingen viel spazieren, Liège war eine schöne Stadt. Besuchten Leute, eine griechische Musikgruppe und andere Bekannte aus der Künstlerszene. Alexandre Jacquemin, einen Maler. Und sprachen Französisch, für das Abitur. Mettre sur le tapis hiess ein Thema aufs Tablett bringen. Das war das Richtige, genau, das könnte ich in der Abiturprüfung bringen. Genau, das würde Eindruck machen auf Frau von Erxleben. Sie würde begeistert sein. Damit könnten es vierzehn Punkte werden. Frau Nielsen hatte ich längst abgewählt.
Danach fuhr ich noch für ein paar Tage nach Schiersfeld. Es muss in diesen Tagen gewesen sein, wo Ursula meinte, wir kämen auch nur deswegen nach Schiersfeld, weil wir bei uns zuhause nichts Ordentliches zu Essen bekämen. Ich fragte mich wirklich, was ich in Schiersfeld noch zu suchen hatte.

Dienstag, 23. April 1985
Wir lachten uns kaputt. Es war kaum zu glauben. In der zweiten Stunde hatte ich frei gehabt und Kurt getroffen, der gemeint hatte, ich solle am Nachmittag mal im Rackersberg 30 vorbeischauen. Und tatsächlich, das Forum hatte die Räumlichkeiten des Rackersberg anmieten können. Wir gingen auf den Speicher und fanden die ganzen Bretter, Matratzen und alten Zeitungen wieder, die wir vor anderthalb Jahren zurückgelassen hatten. Die Sparkasse hatte nichts gemacht. Vom Sperrmüll holten wir neue Sessel, Stühle und Teppiche, mit Pia. Pia, die auch bei der Theaterwehr mitmachte, wohnte heute in dem Haus, wo unsere Urgrossmutter gewohnt hatte und M-K aufgewachsen war.
Drei Tage später fuhren wir mit der Theaterwehr zu einem Stück von Dario Fo nach Bremen. Zufälliger Tod eines Anarchisten, hatte Kurt ausgesucht. Wir waren begeistert. Am Tag danach trafen wir uns von der Friedensgruppe noch einmal privat, bei Irene Westerwald und Joachim, fünfzehn Leute. Ein letztes Mal privat. Denn das nächste Mal würden wir uns im Rackersberg 30 treffen.
Wo Kurt nun wieder einzog. Es war ihm eine Genugtuung, vom völlig überraschten Malker Nielsen die Schlüssel entgegenzunehmen. Bald sollte er im Forum, dessen Satzung noch zu entwerfen war, einen Vertrag im Rahmen einer ABM-Stelle bekommen. Noch arbeitete er in Sierksdorf im Ferienpark Hansaland, wo er Lichtregie führte bei einer sich täglich wiederholenden Show mit Showmaster Wim Thoelke persönlich. Ein ätzender Job, den Kurt so mies fand, dass er wieder das Trinken angefangen hatte. Kurt beschrieb uns, wie Thoelke drauf war, menschlich offenbar absolut nicht in Ordnung.

Montag, 29. April 1985
Ich hatte in den letzten Wochen viel Literatur für eine Arbeit der Friedensgruppe über Kurdistan durchgearbeitet. Aus der Stadtbücherei hatte ich mir Bücher ausgeliehen, in denen ziemlich ausführlich über die jahrtausendealte Geschichte und die aktuellen Probleme des auf fünf Staaten verteilten Landes der Kurden berichtet wurde. Türkei, Irak, Iran, Syrien und die Sowjetunion. Am besten ging es den Kurden nach allgemeinem Dafürhalten ausgerechnet in der UdSSR. Denn dort durften sie wenigstens ihre Sprache sprechen. Ich hatte mich in der Friedensgruppe zusammen mit zwei anderen gemeldet, zu diesem Thema ein Flugblatt zu schreiben.
Die beiden anderen waren eher weniger an der Geschichte dieses Landes interessiert und auch nicht an seinen Perspektiven. Ihnen ging es mehr um das Weltwirtschaftssystem und wie sich dessen Einfluss am Beispiels Kurdistans darstellen liesse. So sollte ich einen Text zur Unterdrückung der Bevölkerung ausarbeiten und sie würden die Texte zum Weltwirtschaftssystem schreiben. In der Praxis arbeiteten wir völlig unabhängig nebeneinander her und trafen uns nur manchmal bei uns in der Brandenburger Strasse.
Ein Flugblatt über Kurdistan zu entwerfen hatte ich so verstanden, dass die Öffentlichkeit über Kurdistan informiert werden sollte. Und nachdem ich ganze Bücher darüber gelesen hatte, fand ich es einfach zu platt zu sagen, die Probleme des Landes lägen im kapitalistischen Weltwirtschaftssystem. Die Probleme der Kurden waren offensichtlich komplexer, als dass sie sich einfach auf die Forderung nach Abschaffung des Kapitalismus reduzieren liessen. Verschiedene kurdische Befreiungsbewegungen bekämpften sich gegenseitig, alte Fehden, Dynastien und Blutrache-Problematiken lagen dazwischen, auch Religionskämpfe zwischen moslemischen und christlichen Kurden, wobei sogar innerhalb der christlichen Kurden Hierarchien der Unterdrückung einzelner Volksgruppen bestanden.
Doch die beiden aus unserer AG sahen das ganz offenbar anders. Das kurdische Volk will den Kommunismus, hatten sie ihren Teil des Textes überschrieben und meinten zu mir, na gut, sie könnten sich ja mit mir im Rahmen eines Kompromisses einigen. Als ich ihnen schliesslich sagen musste, dass auf dieser Ebene keine Einigung möglich sei, weil die Positionen zu weit auseinander liegen würden, ging dem einen die Leitungen durch, er sprang auf und warf mich gegen die Regalwand. Ich wehrte mich nicht, was ihn noch mehr in Rage brachte. Die andere, die mit ihm zusammenarbeitete, unternahm nichts. Nicht alle Leute der Friedensgruppe hatten sich die Gewaltfreiheit auf ihre Fahnen geschrieben. Vielleicht war er neidisch, dass ich wie Gandhi etwas konnte, wozu er nicht in der Lage war.
Natürlich war mit dieser Aktion die Arbeit der Kurdistan-AG beendet. Sie nahmen meine Texte mit und veröffentlichten sie dennoch, obwohl sie inhaltlich dagegen waren. Vielleicht hatten sie ein schlechtes Gewissen.

Freitag, 3. Mai 1985
Vierzigster Jahrestag des Untergangs der Cap Arcona. Zur heutigen Friedensdemonstration in Neustadt waren tausendsiebenhundert Menschen gekommen. Einige Überlebende der Cap Arcona-Katastrophe, Mitglieder der Amicale Neuengamme, kamen am Abend im Hotel Seeburg zu einer Veranstaltung und berichteten von ihren Erlebnissen vor vierzig Jahren. Es war beeindruckend. Einer von ihnen war Rudi Goguel, der heute in der DDR lebte und ein Buch geschrieben hatte. Ein französischer KZ-Häftling beantwortete viele Fragen aus dem Publikum, die dann übersetzt wurden.
Kurt hatte ein zweites Theaterstück inszeniert: Die Geschichte vom Herrn und ew'gem Knecht. Strassentheater, heute uraufgeführt auf dem Neustädter Rathausplatz im Rahmen der Demonstration. Joachim als Hitler, Irene als Frau Hoechst und wir, vielleicht sieben oder acht Statisten, als das arbeitende Volk, deren Hände wie bei Marionetten von oben mit Schnüren geführt wurden. Die nachher Hitler in die Hand nahm.
Bei der zweiten Aufführung bei einer Friedensdemonstration in Oldenburg wurden wir bei der Aufführung des Stücks von der Polizei behindert. Begründung: die weisse Gesichtsfarbe, die die Schauspieler aufgetragen hatten, sei ein Verstoss gegen das Vermummungsverbot, das Innenminister Friedrich Zimmermann (CSU) kürzlich durchgesetzt hatte. Ostholstein, 1985.

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Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

www.100partnerprogramme.de - Geld verdienen im Internet mit Karsten Windfelder

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www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Kreta, Ida-Gebirge, Norbert am Morgen nach einer Nacht im Schneesturm vor unserem Zelt vor der Kamares-Höhle in 1550 m Höhe, 25. Dezember 1984

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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