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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

17 - Die lange Nacht vor der Kamáres-Höhle - Kreta-Tour Winter 1984/1985

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Kurt kündigte im August seinen Job bei Wim Thoelke im Hansaland und arbeitete nun den ganzen Tag im Forum. Eckhart, der Bühnenbildner aus dem Ruhrgebiet, begann, mit Kurt und der Theaterwehr ein Stück nach dem anderen zu inszenieren. Eckhart verliebte sich bald in Marlina, die Ex-Frau des Apothekers, bei dem wir im Winter 1982 die Mittel gegen die Läuse gekauft hatten. Niedlich war die Szene, wo der Hobbyfotograf uns Nacktbilder aus einer Session mit Marlina zeigte und erzählte, wie scheu sie zunächst vor der Kamera war und zunehmend selbstbewusster wurde. Einige Fotos sahen wirklich gut aus. Natürlich schwarzweiss. Eckhart fotografierte auch immer bei allen Theaterstücken.
Auch Manfred entschloss sich, nach Neustadt zu ziehen. Er zog in eine Wohnung bei der Friedenseiche, der Verlängerung vom Rackersberg. Wir fuhren nach Berlin und halfen ihm beim Umzug. Er hatte für vierundzwanzig Stunden einen Transporter gemietet, wir schufteten bis nachts um vier, legten uns zwei Stunden schlafen und fuhren schliesslich los. An der Grenze in Staaken wollte er an einem Lkw vorbei, passte nicht richtig auf und crashte voll die vordere Windschutzscheibe.
Nach den zwei Stunden Schlaf waren wir noch müder als wenn wir die Nacht ganz durchgemacht hätten. Etliche Stunden verbrachten wir in irgendeiner unfähigen VW-Werkstatt, bis wir mit einer Plastikplane anstelle der Windschutzscheibe durch die DDR nach Neustadt fuhren.

Das Forum wurde als offizieller Verein mit Satzung im Februar 1986 gegründet, mit sieben Leuten. Ich dürfte einer dieser sieben gewesen sein. Kurze Zeit später erhielt Kurt, der bislang aus der Arbeitslosenkasse bezahlt wurde, einen ABM-Vertrag, gab seine Wohnung in Logeberg auf und wohnte irgendwann auch wieder im Rackersberg.
Zwei Jahre später liess sich gar nicht mehr in Zahlen ausdrücken, was in dieser Zeit im Forum gelaufen war, bis der Rackersberg schliesslich zu klein wurde. Eindrucksvoll mutet die Auflistung der Premieren der Theaterstücke an.

3.5.1985 - Herr und Knecht, eigene Produktion (auf dem Neustädter Rathausplatz)

10.7.1985 - Kikerikiste, von Paul Maar (im Forum)

17.11.1985 - Glaube Liebe Hoffnung, von Ödön von Horváth (im Forum). Dieses Stück wurde ein voller Erfolg und monatelang immer wieder wiederholt, auch in anderen Städten. Norbert machte die Technik, manchmal sprang ich für ihn ein. Pia spielte die Hauptrolle. Sehr überzeugend auch Joachim und Irene Westerwald, Gerwin Holzer, Eberhard Gaus und Eckhart Schmalenstein in ihren Rollen. Noch viele Jahre später waren diese Sprüche aus diesem Theaterstück so präsent wie bei der ersten Aufführung.
Ich werde den Kopf nicht hängen lassen. (- Pia).
Infiziert. An einem Leichnam aus Brünn. Es tut nicht weh. Das ist verdächtig. (- Joachim).
Mich geht es ja nichts an- (- Irene).
Ich bin der Präparator. (- Eberhard).

Zu einer delikaten Szene kam es im Rackersberg, als die Forum-Vollversammlung eines Tages beschlossen hatte, die Säule in der Mitte zu verengen. In der Mitte des Ladenraumes befand sich eine Art gemauerte Säule, die bei Stücken wie Glaube Liebe Hoffnung hinderlich war, da sie den Blicken der Zuschauer ziemlich im Weg war. An die eigentliche Säule war noch der Rest einer Trennwand angemauert. Wir nahmen den Vorschlaghammer und tobten uns einen ganzen Vormittag lang aus, schlugen einen Stein nach dem anderen aus der Mauer. Es war ein richtiges Happening, mit viel Spass, Radau und Kindern.
Bald war der Blick schon viel besser. Am liebsten hättten wir die ganze Säule niedergemacht, aber wir vermuteten, das würde von der Statik her nicht gehen. Einer aus dem Forum kam auf die Idee, einen Bekannten anzurufen, der Statiker war. Der kam am Nachmittag und sah sich kurz die stolze Arbeit an.
Als allererstes schickte er sofort die Kinder raus. Dann erklärte er uns etwas von tragenden Wänden, von Gebäudestatik und dass das Stück Wandrest, das wir schon fast komplett rausgeschlagen hatten, den Mittelteil des Hauses trug und deshalb umgehend wieder angemauert werden musste. Oh, war wohl nicht so gut.

27.6.1986 - Tigergeschichte, von Dario Fo (in der Nickelhalle, einer ehemaligen Lagerhalle, die von der Stadt zur Verfügung gestellt wurde). Geschrieben für einen einzigen Schauspieler. Kurt spielte den chinesischen Soldaten, der seine Geschichte erzählte, und Eckhart machte Bühnenbild und Technik. Der Schlussmonolog, den Kurt nach langem Üben fehlerfei hinbekam, machte das Stück seiner Überzeugung nach zum schwierigsten Stück, dass es im Theater überhaupt gab. Es hatte ihn gereizt auszuprobieren, ob er es noch hinbekam. Und er bekam es absolut grandios hin. Auch diese Vorstellung wurde wegen des grossen Erfolges mehrmals wiederholt.

31.8.1986 - Bastien und Bastienne, von Wolfgang Amadeus Mozart (in der Aula der Realschule Neustadt). Uraufgeführt 1786. Eine klassische Operette, etwas völlig anderes im ansonsten sehr stark politisch ausgerichteten Themenspektrum der Theaterwehr. Eckhart malte ein bezauberndes Bühnenbild und Joachim sang sich als Tenor in die Herzen der Neustädter.

14.9.1986 - Open End, eigene Produktion (im Forum).

28.10.1986 - Stokkerlok und Millipilli, von Volker Ludwig (in Lübeck). Dieses Stück wurde oft in Schulen aufgeführt.

1.11.1986 - Die verlorene Ehre der Katharina Blum oder wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann, von Heinrich Böll (Aula der Realschule). Mit Mechthild Holzer in der Hauptrolle, die sehr überzeugend spielte, vor hunderten von Zuschauern.

9.12.1986 - Vorstadtkrokodile, von Max von der Grün (Aula der Realschule). Hier spielte auch Norbert eine Rolle. Kurt konnte immer wieder auch die Schüler begeistern, Theater zu spielen.

27.2.1986 - Die Befristeten, von Elias Canetti (im Forum). Eckhart zauberte auch hier wieder ein unglaublich gut gelungenes Bühnenbild hin. Alles war in weiss gehalten. Ein Stück mit sehr vielen Schauspielern. Generell hatte Kurt auch überhaupt keine Hemmungen, männliche Rollen mit Frauen zu besetzen.

16.8.1987 - Strafmündig, von Gert Heidenreich (im alten Güterbahnhof). Mit Manfred in einer Starrolle als Kommissar und Jan Schmied als Ted. Es gab die Überlegung, den alten Güterbahnhof neben den Gleisen anzumieten. Viellleicht würde das klappen.

Die Stücke wurden teilweise zigmal wiederholt. Neustadt bekam bald einen Ruf als kulturelles Highlight in Holstein. Die Begeisterung von Seiten der Stadt, die zunächst nur zaghaft von der Bürgervorsteherin geäussert worden war, wuchs zunehmend und irgendwann wurde Kurt vom Kulturamt schliesslich ein Angebot gemacht, er könne für seine Theaterarbeit auch aus dem Kulturetat bezahlt werden.
Warum liess sich Kurt so lange nicht darauf ein? Vielleicht war ihm der Gedanke unangenehm, von der Stadt als so etwas wie ein enfant terrible, ein Vorzeigekind aus der nicht-kleinbürgerlichen Welt, oder einfach als eine Art niedlicher bunter Hund belächelt oder gar bemitleidet zu werden. Oder fürchtete er die Erwartungen, die an ihn von Seiten der Kleinstadt herangetragen werden könnten? Hohe Erwartungen nach stetiger, kontrollierbarer Leistung, die er nicht erfüllen konnte und wollte? Einschränkungen der künstlerischen Freiheit? Tut alles aus Freude und aus Liebe, und original. Immer wieder bezog er sein Einkommen aus ABM-Stellen, die auf seinen Namen liefen oder auf den Namen von Strohleuten, oder er bezog Arbeitslosengeld. Grosse Ansprüche hatte er nie. Auch Eckhart und andere bekamen im Forum ABM-Stellen und arbeiteten abwechselnd als ABM-Kräfte oder als Arbeitslose.
Erst als Kurts Alkoholprobleme sich zunehmend bremsend auf seine Erfolge in der Theaterarbeit auszuwirken begannen, liess das Interesse an ihm langsam nach. Er war zwischenzeitlich wieder nach Recklinghausen gegangen, wo er sogar noch ein paar erfolgreiche Produktionen gmacht hatte, kam dann aber verloren wieder nach Neustadt zurück. Aber dort war ihm Theaterarbeit praktisch nicht mehr möglich. Die Entziehungskuren brachten auch nichts mehr und er zog sich über die Jahre immer mehr in seine Einsamkeit zurück.
Seine Leiche lag eine Woche in der Mietwohnung, bevor sie gefunden wurde.

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Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

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Kreta, Ida-Gebirge, Norbert am Morgen nach einer Nacht im Schneesturm vor unserem Zelt vor der Kamares-Höhle in 1550 m Höhe, 25. Dezember 1984

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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