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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

02 Out of Nymphenburg - die sechziger Jahre in Bayern

Seite:

 

29

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Ein kleiner Vorteil an Augsburg war, dass man die Augsburger Puppenkiste live erleben konnte. Das gab es aber nur einmal. Der Zauberer von Oz.
Die Stadt am Lech schien in diesen Jahren immer noch ein bisschen vom Geist jener bedeutenden Stadt der Malerei und Architektur zu atmen, die noch vor wenigen hundert Jahren als Sitz der Fugger und Welser einmal das Zentrum Europas gewesen war. Bei der Olympiade 1972 stand die Stadt als Austragungsort für Kanu- und Kajak-Wettbewerbe im Mittelpunkt des Weltinteresses. Der in Italien spielende Helmut Haller, der 1966 im Finale in Wembley das 1:0 für Deutschland gegen England geschossen hatte, wechselte 1973 wieder in seine Heimatstadt zum FC Augsburg. Unser Vater pendelte täglich mit der Bahn nach München auf jener berühmten Strecke, auf der im Sommer 1965 zum ersten Mal Züge fahrplanmässig mit zweihundert Stundenkilometern gefahren waren.
Irgendwann fing Ursula mit dem an, was sie unter Kindererziehung verstand: Wenn sie nicht gehorchten, wurden sie geschlagen. Wir kannten sowas überhaupt nicht, und müssen die ersten Male genauso konsterniert reagiert haben, wie wir das später bei unserem jüngeren Bruder Gerhard selber beobachten konnten, als er das erste Mal von ihr geschlagen wurde: Der zweijährige Junge verstand erst gar nicht, dass er geschlagen wurde, und wusste überhaupt nicht, wie er reagieren sollte. Schliesslich entschloss er sich zu lachen. Hätte er mal nicht tun sollen. Er hatte keine Idee, warum sie das machte. Lachen hatte zum Erfolg, dass sie noch härter zuschlug, solange, bis er verstand, dass es wehtat und auch wehtun sollte, und dann erst begann er zögernd zu weinen. Auch beim zweiten und dritten Mal reagierte er noch zögernd - erst beim vierten Mal wusste er sicher, um was wieder ging, und weinte sofort. Kinder brauchen lange, um zu verstehen, dass Schläge damit korreliert sind, dass sie etwas Bestimmtes getan haben, das sie hätten vermeiden sollen.
Anders als Kinder, die geschlagen wurden, seit sie sich erinnern konnten, wussten wir, dass es auch anders ging. Zumindest ich wusste das. Vor allem aus Marsberg. Unsere Grosseltern in Amberg reagierten entsetzt. Unser Vater leider nicht, ihm waren ihre Erziehungsmethoden erstmal ziemlich egal. Was ihn vor allem störte, wenn er länger mit ihr zusammen war, wie etwa an Wochenenden, war ihre nörgelige Art, die er als lästig empfand.
Er nahm uns aber immerhin in Schutz, wenn sie uns in seinem Beisein schlug für Vergehen, bei denen er gut beurteilen konnte, dass die Prügelstrafe völlig unangemessen war. Sie machte das nur ein oder zweimal - danach schlug sie uns nur noch dann, wenn er nicht dabei war. Wir konnten ihm, wenn er abends nach Hause kam, erzählen, dass wir tagsüber wieder geschlagen worden waren.
Er zog sie dann auch manchmal zur Rechenschaft, einmal verprügelte er sie sogar, was uns sehr gut tat. Das Ergebnis liess jedoch nicht lange auf sich warten - am nächsten Morgen gab es doppelt so viele Prügel wie am Vortag. Sie kam einfach ins Zimmer, holte einen Teppichklopfer* oder eine Holzeisenbahn-Schiene, und verprügelte uns dafür, dass wir es am Vorabend unserem Vater erzählt hatten. Diesmal noch mit dem Zusatz: Wenn ihr es heute Abend wieder erzählt, bekommt ihr morgen nochmal doppelt so viel Prügel wie heute. So lernten wir ziemlich früh, was multiplizieren war.
Das Leben in Augsburg wurde nach 1971 immer brutaler, ein einziger, schrecklicher Alptraum. Ein Vertrauensverhältnis liess sich darauf nicht aufbauen. Norbert hatte vielleicht den Vergleich nicht so deutlich, aber ich wusste ganz genau, dass das alles andere als normal war. Das halbe Jahr in Marsberg hatte genügt und ich hatte eine sehr gute Vorstellung davon bekommen, was eine glückliche Familie war. Und dass es das gab. Und das in Augsburg war es ganz klar nicht. Ich zog mich zurück und wartete einfach nur, bis ich älter wurde. Meine einzige Chance war die Zeit. Ich fragte, wie lange ich noch hierbleiben musste. Mit achtzehn würde ich volljährig sein, wurde mir gesagt, dann durfte ich weg. Achtzehn? Eine beschissen lange Zeit. Aber es war eine Aussicht.
Ich war froh, wenn ich im Kindergarten oder in der Schule war, und hatte Angst davor, nach Hause zu gehen. Wenn wir eine Stunde früher Schulschluss hatten, vertrödelte ich diese Stunde in einer Fussgängerunterführung, damit sie mich nicht entdecken konnte, wenn sie selber zufällig unterwegs war, nur um nicht noch eine Stunde mehr zu Hause verbringen zu müssen.

* Teppichklopfer: siehe Seite 33 dieses Kapitels.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

www.100partnerprogramme.de - Geld verdienen im Internet mit Karsten Windfelder

www.affiliate-katalog.de - Partnerprogramm-Suchmaschine

images.google.com - Bilder suchen mit Google

www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


München, Schloss Nymphenburg

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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