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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

21 - Dreissig Schritte bis zum Ufer - English for runaways

Seite:

 

03

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Ein dunkelgrüner Transporter hielt an. Kennzeichen New Jersey. Die amerikanischen Kennzeichen waren nach Bundesstaaten sortiert. Der Wagen hielt allerdings nicht an der Zufahrt auf die Brücke, sondern auf einer Art Rangiergelände daneben. Der ein wenig italienisch aussehende Typ mit Dreitagebart meinte, er würde nach Westen fahren und könne mich mitnehmen, allerdings müsse er vorher noch etwas erledigen. Das würde aber nicht lange dauern. Ich war von Natur aus misstrauisch, und erst recht nachdem ich von allen möglichen Leuten vor der hohen Kriminalität in New York gewarnt worden war.
Er nannte ein Ziel in Pennsylvania. Ich wusste nicht, wo genau das war, aber egal, Pennsylvania reichte aus. Er hatte einen Arbeitswagen und Kennzeichen von New Jersey. Das gab Sinn.
Also stieg ich ein und packte den Rucksack vor meine Beine auf den Beifahrersitz. Er fuhr los, ein paar Strassen zurück in die Stadt, unterhielt sich ein bisschen mit mir und fragte, was ich so machen wollte. Ich sagte, dass ich vor wenigen Tagen erst in den USA angekommen war, und er fragte, ob ich denn schon amerikanisches Geld umgetauscht hätte. Ich blieb vorsichtig und sagte lieber nichts von den Reiseschecks. Und ob ich ihm etwas für die Fahrt geben könnte. Das sei üblich hier. Ein paar Dollar. Irgendwo hatte ich einen zehn-Dollar-Schein. Er würde mir was davon wiedergeben, meinte er, an einer Raststätte auf der Fahrt nach Pennsylvania.
Dann hatte er noch einen Gedanken. Ob ich wirklich nicht mehr amerikanisches Geld als zehn Dollar hätte. Nein, sagte ich. Auf dem Land sei es sehr schwer, ausländische Währungen zu tauschen. Er bot mir an, bei einer Bank anzuhalten, damit ich deutsches Geld tauschen könnte.
Mist, das war verdächtig. Der Typ machte nicht den Eindruck eines Kriminellen, aber sein Verhalten war komisch. In Europa war es war grundsätzlich tabu, beim Trampen über Geld zu sprechen. Er hielt vor einer Bank an. Na gut, wenn es ihn glücklich machte, dann würde ich eben so tun, als würde ich Geld tauschen. Ich zog mir meine Jacke an, nahm die Tüte in die Hand und ging zum Eingang der Bank. Den Rucksack liess ich im Auto, Wertsachen waren nicht drin. Die Bibel war drin. Ich betrachtete das ein wenig als Sicherheit, dass der Typ nicht einfach abhauen würde.
Als ich durch die Glastür der Bank ging, liess ich den Wagen nicht aus den Augen. Der Fahrer machte nochmal eine Geste, ja, es sei der richtige Eingang. In diesem Moment legte der Typ den ersten Gang rein und fuhr los. Sofort war ich aus der Bank, rannte hinter dem Wagen her und bekam ihn fast sogar noch zu fassen. Doch er war schneller und irgendwann war er mit hoher Geschwindigkeit in der hundertsechsundsiebzigsten Strasse verschwunden. Ich hatte keine Chance. Aber warum denn? Was wollte er denn mit meinem Rucksack?!
Ich war völlig aufgelöst. Ich konnte es überhaupt nicht haben, beklaut zu werden. Er hatte zehn Dollar und ansonsten keine Wertsachen, aber verdammt - er hatte meinen Schlafsack. Und lauter Klamotten. Linas Pullover. Die Bibel. Na, dann konnte Gott ja nicht besonders viel daran gelegen sein, dass ich mich weiter mit der Bibel beschäftigte. Mich irritierte ein wenig, dass ich die Präsenz Gottes in dieser Szene ziemlich deutlich zu spüren meinte.
Ich lief ziellos die Fort Washington Avenue entlang und überlegte, was ich machen sollte. Ich schrieb mir das Kennzeichen des Wagens auf einen Zettel. Dann kam ich endlich auf die schlaue Idee, eine Polizeiwache zu suchen. Ich fragte einen Verkäufer vor einem Obstladen an der Strasse.
- Excuse me, can you please tell me where the next police station is?
Der Verkäufer runzelte die Stirn. Ah, entweder taubstumm oder Puertoricaner.
- Do you speak English?
Er schüttelte den Kopf und betrachtete das Gespräch fast für beendet. Aber ich hatte ja noch mehr auf Lager. Andersrummige Fragezeichen nämlich.
- ¿Habla Usted español?
- ¡Si, como no!
- ¿Dónde está la estación de policia?
Und in perfektem Spanisch bekam ich von dem sehr freundlichen Verkäufer nun erklärt, wo drei Blocks weiter die nächste Polizeiwache war. Ich hatte es im Gefühl gehabt, dass ich Spanisch lernen sollte, in Hamburg. Und ich hatte es schneller gebaucht als ich mir vorgestellt hatte.
Auf der Polizeiwache waren sie sehr freundlich. New Yorks Polizisten seien die erfolgreichsten Verbrechensjäger weltweit, stand stolz auf einem Plakat. Na, ob sie sich wenigstens die Mühe gemacht hatten, vorher noch die Statistiken zu fälschen? Sie gaben das Kennzeichen in einen Computer und bekamen ziemlich schnell raus, dass der Wagen einem Typen aus New Jersey gehörte und als gestohlen gemeldet war. Na, das war ja ganz toll.
Sie liessen sich auch nicht davon überzeugen, eine Suchmeldung an die umherfahrenden Streifenwagen rauszuschicken, um ihre Erfolgsstatistik auf natürliche Weise aufzubessern. Es brachte auch nichts, dass ich ihnen erklärte, es seien sehr wichtige Medikamente in meinem Rucksack. Geduldig nahmen sie die Personenbeschreibung des Typen auf und was ich alles als gestohlen meldete. Ein bisschen Mitleid kam sogar auf, als ich sagte, a bible. Mit den Medikamenten versuchten sie mir gut gemeinte Ratschläge zu geben, wo ich sie hier bekommen könnte, und als ich nochmal etwas deutlicher sagte, sie sollten eine Suchmeldung an die Streifenwagen rausgeben, um den Verbrecher zu fangen, suchten sie mir die Adresse der deutschen Botschaft raus, die mir das Geld für das geklaute Rückflugticket vorstrecken würde. Am Ende musste ich mich aus meinen ganzen Geschichten wieder einigermassen glimpflich rauswinden und war froh, aus der hilfsbereiten New Yorker Polizeiwache endlich wieder raus zu sein. Hm. Komisches Verständnis von erfolgreicher Arbeit hatte die. In Mainz war das aber anders abgelaufen.
Immerhin, es schien die Sonne. Noch ein paar Blocks weiter und ich stand wieder vor der George Washington Bridge. Ich überlegte kurz, und dann entschied ich mich, loszugehen. Hier ging das, wir waren hier nicht auf der Fehmarnsundbrücke. Es gab einen Fuss- und Radweg an der Südseite des Interstate Highway 95.

Auf der anderen Seite des Flusses lag New Jersey. Im Prinzip war es immer noch New York; die Stadt mit über zwölf Millionen Einwohnern hatte einen riesigen Grossraum. Ich setzte mich direkt hinter der Brücke in eine Parkanlage von Fort Lee mit Blick nach Manhattan über den Fluss und zählte zusammen, was ich noch besass.
Eigentlich war das noch ganz schön viel. Wenn ich eine Liste der Sachen zusammengestellt hätte, die ich bei der Einreise dabeigehabt hatte, würde jetzt nur ein kleiner Teil fehlen. Die ganzen Sachen aus den diversen Taschen der Jacke waren noch da, und das war gar nicht so wenig. Und die Tüte mit den wertvollen Landkarten, ein paar Papieren und Süssigkeiten hatte ich ja auch noch. Was wirklich fehlte, waren Rucksack und Schlafsack. Und das Handtuch. Handtuch war delikat. Das bedeutete, ich musste zu Fuss los. Jedenfalls nicht per Anhalter. Das ging nicht ohne Handtuch*.
Der fehlende Schlafsack machte die Sache kompliziert. Wo sollte ich jetzt schlafen? Nun gut, die Bibel hatte ich nicht mehr, aber ich wusste auch so, dass da Sprüche drinstanden, wir sollten uns um solche Fragen keine Sorgen machen. Also gut, es sollte offenbar so sein.
Ich machte mich auf den Weg nach Westen. Zu Fuss, wie ich schon dem Beamten von der Immigration in JF Kennedy gesagt hatte. Ohne zu verstehen, was ich da überhaupt gesagt hatte. Landkarten hatte ich zwar, ausgeschnitten aus einem ausrangierten Schulatlas, aber alle waren ziemlich schnell hinter Manhattan zuende. Ich suchte mir eine Strasse aus, die in Richtung des Sonnenuntergangs führte. Das nächste Stadtviertel hiess Hackensack. Es wurde Abend.
Ich überquerte den Hackensack River und ging zu ein paar Bäumen in einen Park am Fluss. Der Park war gross und vor allem ruhig und ungestört. Das Wetter war schön, aber in den Nächten konnte es schon empfindlich kalt werden. Ich nahm mein Taschenmesser und schnitt mir eine Menge Zweige von einem Baum ab. Daraus machte ich mir ein Bett. Wie bei Rüdiger Nehberg. Einmal hatte er in einer Survival-Tour ganz Deutschland auf diese Weise durchquert, zu Fuss ohne Zelt und Schlafsack.

* Nach dem Reiseführer Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams war ein Handtuch der so ziemlich nützlichste Gegenstand, den ein Anhalter überhaupt dabeihaben konnte. Eigentlich war es kaum möglich, ohne sein Handtuch zu trampen.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

www.100partnerprogramme.de - Geld verdienen im Internet mit Karsten Windfelder

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www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


New York, George Washington Bridge über den Hudson River nach New Jesey

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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