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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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21 - Dreissig Schritte bis zum Ufer - English for runaways

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15

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23. November 1987
Beaver fuhr mich noch zur Selma Road und ich war wieder auf der Strasse. Aber nun war es leichter, mit Schlafsack und jeder Menge Essen von der Hochzeit, das noch eine Zeitlang hielt. Und diesen Schlafsack würde ich mir erstmal nicht klauen lassen. Ich trug ihn oben auf dem Rucksack, sodass er mir praktisch auf dem Hals lag, während ich wanderte. Ich musste erstmal üben, mich umzudrehen, wenn ein Auto kam, ohne dass der Schlafsack runterfiel. Eigentlich war es ein ziemlich schäbiges Teil, aus Stoff, und sperrig, aber er sollte mir die nächsten Jahre gute Dienste leisten.
Erstmal hielt einer an, obwohl ich gar nicht getrampt hatte, und fuhr mich bis zum Flughafen. Na, das ging ja gut los. OA-Tramp Flughafen schrieb ich in mein Tagebuch. OA = Ohne Antrampen. Ich hatte keine Karte von Alabama, nur den Strassenatlas, aber das war nicht schlimm. Bis zum Abend hatte ich es schon bis Meridian geschafft, und das lag in Mississippi. Wievielter Bundesstaat? Elfter. Irgendwo legte ich mich schlafen. Oh, wie war das angenehm, mit Schlafsack.

24. November 1987
Morgens ging ich wie immer früh los. Oh, die standen hier wohl nicht so früh auf. Lange wanderte ich an einer Strasse Richtung Nordosten herum. Ich hatte mir zwar eine Karte von Mississippi besorgt, gestern kurz vor der Grenze des Bundesstaates, aber sie war nicht so genau. Westlich von hier lag die Hauptstadt Jackson. Dahinter lagen Louisiana und Texas. Aber ich wollte über kleinere Landstrassen, und da gab es keine gute Verbindung nach Westen. Ich entschied mich daher, nach Nordwesten auszuweichen, und musste dazu erstmal den State Highway 19 finden. Wo war denn der jetzt? Natürlich war nichts ausgeschildert.
Eine Frau hielt neben mir. Ihr war klar, ich hatte mich verlaufen. Ja, meinte ich, ich wollte auf die neunzehn. Na da bist du ja ganz falsch hier. Sie nahm mich ein Stück mit und ich war endlich auf der Strasse, die ich haben wollte. Bald hielt ein weiteres Auto an und fuhr mich wieder zwei Meilen bis zu einer Abzweigung. Das passierte mir heute noch ein paarmal, das war völlig ungewöhnlich, die Leute hielten einfach an, fuhren eine kurze Strecke und setzten mich ein paar Meilen weiter wieder ab, in the middle of nowhere. Einmal kam ich sogar im fliegenden Wechsel weiter, als ich hinten auf einem pick-up truck sass, der Wagen anhielt und der hinter uns fahrende Wagen mich einfach übernahm. Immer häufiger wurde ich hier auch hinten auf den Pick-ups mitgenommen.
Hier erfuhr ich auch, dass Mississippi nicht nur der ärmste US-Bundesstaat war, sondern auch, dass er zu den Staaten gehörte, wo das Trampen erlaubt war. Ein Schwarzer erklärte mir, warum er mich mitnahm.
- Früher waren wir hier sehr viel ärmer gewesen und kaum einer von uns hatte ein Auto. Da mussten wir alle zusehn, dass wir rides bekamen. Und deshalb nehmen wir heute Anhalter mit. Viele von uns machen das so.
Ein anderer Fahrer sagte mir, ich solle nicht so laut rumerzählen, dass ich aus Deutschland kam. In dieser Gegend der Südstaaten hätten sie häufig was gegen Deutsche. Zweiter Weltkrieg und so. Aber dass ich Deutscher war, spielte beim Trampen nur selten eine Rolle. Die meisten dachten, ich wäre aus den Nordstaaten, Irland oder England. Viele tippten auf Irland, wegen meiner rötlichen Haare.
Neun Tramps an diesem Tag, zählte ich am Abend, das war noch mehr als in Virginia. Am Ende des Tages war ich bis hinter Kosciusko gekommen. Fast zweihundert Kilometer auf derart kleinen Strassen, das war auch eine Kunst.

25. November 1987
Diese Nacht hatte ich wieder einmal in einer Scheune übernachtet und wanderte am Morgen die leere Strasse entlang. Kein Auto weit und breit. Die Leute schienen hier wirklich später aufzustehen.
Über die weiten Hügel fuhr ein langsamer Güterzug. Erst hielt er sich weiter südlich im Tal, später würde er vor mir die Strasse kreuzen. Die Szene erinnerte an die Wildwest-Romantik von Filmen, die auf den Weiten des mittleren Westens spielten und wo irgendwelche Westernhelden auf die fahrenden Güterzüge der Pacific Railroad Company aufsprangen und sich hunderte von Meilen übers Land fahren liessen. Unrealistisch schien es nicht zu sein. Die Gleise der Bahn hatten keine Ähnlichkeit mit dem leistungsfähigen Schienennetz in Deutschland - sie erinnerten eher an die alten Gleise in Griechenland, wo die Züge auch nur im Schneckentempo vorankamen.
Auch dieser Zug, der langsam durch das Tal hochgekrochen kam, das offenbar kaum merklich anstieg, fuhr so langsam, dass die Idee, einfach aufzuspringen und sich mitnehmen zu lassen, nicht weit hergeholt war. Er erreichte die Strasse. Einen kurzen Moment überlegte ich, blieb stehen und sah mir das Schauspiel an. Aber Mississippi per Anhalter hatte gestern richtig Spass gemacht und wer konnte wissen, wo der Zug hinfuhr? Ich wollte nach Mexico und konnte es mir nicht leisten, irgendwo nach Michigan oder Ohio gefahren zu werden. Der Zug nahm langsam wieder an Geschwindigkeit zu und fuhr vorbei.
Und das allererste Auto, das an diesem Morgen diese Strasse entlangkam, machte seinem Bundesstaat alle Ehre und hielt tatsächlich an. Wo ich her sei, fragte der Fahrer. Oh, aus Europa, meinte ich, nicht aus den Nordstaaten. Und wo aus Europa? Ich wurde verlegen. Musste der sich auch so gut auskennen. You know where Belgium is? Oh ja, er wusste, wo Belgien lag.
- Ja, und von Belgien etwas weiter östlich, da ist meine Stadt, aus der ich komme.
- Ah, also aus Deutschland?
- Ja, genau, Deutschland...
- Oh, dann bist du also Deutscher, und von so weit her hier nach Mississippi gekommen. That's really far far away!
Zumindest dieser Fahrer hatte also nichts gegen die deutsche Tramper. Er fuhr mich nach Durant.
Bei solchen Geprächen lernte ich auch weniger angenehme Seiten der einheimischen Bevölkerung kennen. Beeindruckend einfühlsam auch der Fahrer, der meinte, er mochte die Deutschen besonders gerne - you killed the damned jews. Er hasste Juden. Grenzenloser Antisemitismus im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Wie einem Baby versuchte ich ihm geduldig zu erklären, dass die Deutschen das zwar gemacht hatten, aber ihr gesamtes Land dafür zerstört worden war, alle Städte zerbombt, und dass, wenn man es genau betrachtet, es vielleicht besser gewesen wäre, wenn die Deutschen das sein gelassen hätten.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

www.100partnerprogramme.de - Geld verdienen im Internet mit Karsten Windfelder

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images.google.com - Bilder suchen mit Google

www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Red Land Motel in Washington, Wilkes County, Georgia (1987)

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



Kontakt (Autor, Verlag) siehe Impressum, unten letzte Zeile.
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