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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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25 - Und nachts hämmern die Spechte - Bei den Mískito-Indianern in Honduras

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06

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Brief Forum 6 (März 1988)

Ich komm nach zwei Wochen also wieder zurück nach Wampusirpi, und Cristela, die Freundin von Faustino, ist immer noch hochschwanger. Indio bietet mir ein Holzbett in seinem Haus an, wo ich schlafen kann. Mir war es am Ende ja bei Elena ein bisschen unwohl geworden: den ganzen Tag hing ich nur bei Indio rum, und grad zum Schlafen kam ich zu Santiagos Haus.
Auch Indios Holzhaus steht auf Pfählen, es hat ein Naturdach aus Palmwedeln. Die Treppe führt hoch zu einem Flur, wo der Esstisch steht, und links und rechts ist eine Tür. Auf der linken Seite ist die Küche, auf der rechten der Wohntrakt mit einem grösseren Zentralraum, wo mein Holzbett steht und paar Hängematten hängen, und vier kleine Zimmer gehen von diesem Zentralraum ab.
Nächsten Montag solls weitergehen. Okay -. diese Sprache verstehe ich bereits... Eines morgens zwei Wochen später wird mich Faustino wecken, ich soll aufstehn, heute gehts ab in die Berge. Bis dahin kann ich mir noch ein bisschen die Sterne anschauen.

Oder den Abwasch machen. Eine von den kleinen Mädchen lacht, vielleicht weil ich so gross bin und die Spüle so niedrig, aber die anderen sagen nichts, bei sich sagen sie ja auch nichts, der Abwasch ist halt da und irgendjemand macht ihn halt.
Testmethode, wie sind die Völker drauf. Machst du (männlich) den Abwasch, werden sie sich vielleicht freuen, dass du ihnen die Arbeit abnimmst. Hier ist es so, oder in Deutschland auch. Oder, wie in der Türkei oder in Mexico, sie versuchen, dich mit aller Kraft daran zu hindern, weniger, weil du Gast im Haus bist, nein, der Abwasch, das ist Frauensache. Frauen die Arbeit abzunehmen, das wäre mal das Richtige für Mexico.
Manchmal ist es ganz spassig, die Leute auf ein paar abwegige Gedanken zu bringen. In Mexico interessieren sie sich immer für das fortschrittliche europäische Land, aus dem ich komme. Gut, erzählen wir ihnen mal was von
Alemania.
El Paraje, Veracruz: Norma ist achtzehn, und den ganzen Tag ist sie im Haus dabei. Einen Sonntag hat sie auch nicht. Ich frage, ob ich ihr bei der Wäsche helfen kann.
"Nein, nein, das geht nicht."
"In Deutschland helfen die Männer den Frauen bei der Arbeit im Haus.", meine ich zu ihr.
Ob sie das beeindruckt, zeigt sie mir nicht. Am nächsten Tag kriege ich zufällig mit, wie sie s ihrer Mutter erzählt.
Die Söhne Mexicos tun den ganzen Tag, wenn keine Schule ist, buchstäblich nichts. Rumhängen, mal den Hund ärgern, oder ihre Schwester, die das Haus ausfegt, baden im Fluss, Fussballspielen, unter der Veranda sitzen und den Mädchen auf dem Weg nachpfeifen (das darf aber nur, wer älter als drei Jahre ist), oder sich auf der Bank vor dem Haus mit dem
gringo zu unterhalten. Norma kommt mit Wasser vom Fluss.
"Wie schaffen die das, über die weite Strecke den zwanzig-Liter-Wassereimer auf dem Kopf zu tragen, ohne dass was verschüttet?", frage ich die Witzbolde.
"Weiss nicht, wie die das machen."
"Könnt ihr das nicht?"
"Nein", er lächelt bei dem Gedanken daran, "nein, wir können das nicht."
"Und wieso können die das?"
"Son mujeres: tienen la cabeza plana." - das sind doch Frauen, die haben eben einen platten Kopf.
Es müssten sich mal ein paar
gringos in eurem Dorf ein Haus kaufen, eine Zeitlang bei euch wohnen, und dann müssten immer die Männer zum Wasserholen an den Fluss gehen. Was meinst du, wie schnell sich das hier ändern würde, mit den platten Köpfen. Ich würde dir das richtig gönnen. Manchmal fehlt mir ja wirklich der Respekt vor den Traditionen der Völker...

Auch in Wampusirpi wird das Wasser nach dieser Methode von Frauen geholt, von der Quelle. Vor allem für den Abwasch und zum Kochen. Ich frag, ob sie mir zeigen wollen, wie das geht.
Hier erklären sie es mir gerne. Sie selber machen es immer mit zwanzig Litern, davon verschwappt ein bisschen, also gut, neunzehn. Eine, die ist zierlicher gebaut, nimmt nicht ganz so viel Wasser rein, und nimmt den Eimer nicht direkt auf den Kopf, sondern legt ein Tuch dazwischen. Ein Tuch habe ich auch, sie zeigt mir, wie es gefaltet wird, wie der Eimer auf den Kopf gehoben wird, und vor allem, wie er wieder abgenommen wird. Das ist das schwierigste, da müssen sie mir die erste Woche immer bei helfen. Das mit den zwanzig Litern lasse ich ganz schnell sein, ich bin froh, wenn ich mit zehn Litern am Haus ankomme. Ich nehme mir vor, das zu trainieren, jeden Tag mindestens zweimal, und nach zwei Wochen habe ich mich auf zwölf Liter gesteigert. Es ist ganz interessant zu beobachten, was da alles für Muskulatur trainiert wird. Ich bin stolz darauf, etwas zu können, was die Söhne Mexicos nicht können.
"Bis sie zehn Jahre alt sind, lernen die Jungen das hier auch", meint Elena zu mir, "Ganz so schlimm, wie du es mir von Mexico erzählst, ist es hier nicht. Aber trotzdem - hier gibt es auch viel
machismo."
Machismo, das war ihr Wort gewesen. In Mexico habe ich es nicht gehört.
Von Natur aus scheinen die Mískitos wie viele andere Indianer eine ziemlich weitgehende Gleichberechtigung draufzuhaben. Wenn sich das langsam ändert, dürfte das auf den schlechten Einfluss der Mestizen zurückzuführen sein, also letzten Endes der Spanier. Nicht aus dem Fernsehen, das gibt es hier zum Glück noch nicht.
Allein, indem sie die spanische Sprache lernen, müssen sie lernen, ständig und in allen Situationen die Menschen nach den Geschlechtern zu unterscheiden. Spanisch ist etwa so sexistisch wie deutsch. Im Mískito gibt es gar keine geschlechtsbezogenen Pronomen wie "er/sie" (in anderen Indianersprachen auch nicht), die müssen das ganz kompliziert ausdrücken, wenn sie irgendwas nur weiblich oder nur männlich haben wollen.
Manchmal hat der Unterschied zwischen Mestizen und Indianern interessante Seiten. Ignacio und ich sind nicht die einzigen Europäer am Patuca. Sie erzählen mir von Bettina, weil die auch aus Deutschland ist, und in einem der Orte viel weiter oben am Patuca arbeitet, bei den Sumu-Indianern.
"Was für Arbeit?"
"Weiss nicht." -
"Weiss ich auch nicht genau, was die hier macht." -
"Nein, wissen wir nicht, die arbeitet halt hier." -
"Doch, die stellt doch irgendwelche Kunstgegenstände aus Ton her und verkauft die nach Tegucigalpa weiter."
Später habe ich erfahren, dass Bettina sich Gelder über ein deutsches Entwicklungshilfe-Projekt organisiert hat und seit ein paar Jahren mit den Sumus arbeitet.
Ein Mestize würde nur sagen, die wohnt hier, er würde für eine Frau ungerne das Wort "arbeiten" verwenden. In vielen Gegenden der Welt ist es einfach nicht denkbar, dass eine Frau ihr Land verlässt, weil sie irgendwo anders arbeiten will. Hier scheint es selbstverständlich zu sein.
Eine Frau, die auf eigenen Beinen steht, vor gar nicht so langer Zeit war das in Mitteleuropa noch etwas wahnsinnig Ungewöhnliches oder zumindest ultra-Fortschrittliches. Toleriert allenfalls in den Grossstädten.
Ein bisschen unsicher wirken die Mädchen, die ohne T-Shirt im Fluss baden, als wir an ihnen vorbeistaken, sie gehen vorsichtshalber bis zum Hals ins Wasser. Wir sind fremd, und sie wissen nicht, was wir für Benehmen draufhaben. War es früher anders hier, oder sind die älteren Frauen von Haus aus mutiger?
Bestimmt fünfzig oder fünfundfünfzig war die Frau, sie haben sich mit ihr, langsam vorbeistakend (sie stand bis zum Bauch im Wasser) ein bisschen unterhalten. Indio kannte sie wohl. Vielleicht war sie die Bürgermeisterin. Sie dachte gar nicht daran, ihre Brust zu verdecken. Genauso, wenn sie ihre Kinder stillen: Brust raus, Schreihals ran, Ruhe. In Mexico hatten sie da ne komplizierte Konstruktion aus Tüchern, oder sie mussten ins Haus gehen, auf keinen Fall durfte einer der Männer das sehen. Von den Mískito-Indianern werden die Frauen nicht ihrer Brüste wegen diskriminiert. Sie steht im Wasser, und sie spricht mit Würde: mit der ganzen Würde einer Frau.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

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www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Typisches traditionelles Indianerhaus mit Palmendach (Bild aus Französisch-Guyana, in Honduras sahen die Häuser sehr ähnlich aus. Palmendächer hatten 1988 nur noch wenige, die meisten hatten Wellblech)

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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