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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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02 Out of Nymphenburg - die sechziger Jahre in Bayern

Seite:

 

38

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Ständig bekamen wir zu hören, wie vor allem Ursula sich darüber aufregte, wie asozial M-K sei, die dem Sozialstaat auf der Tasche liege anstatt zu arbeiten. Und für die ganzen Gerichtsprozesse nehme sie ungeheuerlicherweise auch noch staatliche Gelder in Anspruch (Armenrecht).
Was sie nicht dazu sagten, war, wie grossartig sozial sie sich selber verhielten. Unser Vater nahm in der Tat nicht den Staat in Anspruch, um über Jahrzehnte gegen M-K zu prozessieren, nein. Er hatte das nicht nötig. Er hatte ja seine Corps-Brüder, die ihm genau die Paragrafen heraussuchten, gegen die M-K alle verstossen hatte, wenn sie uns fünf Minuten zu spät an der Augsburger Haustür abgesetzt hatte. Fleissige ehemalige Jura-Studenten aus seiner Burschenschaft, deutschnational und deutschlandweit organisiert, und zu treuem Beistand verpflichtet - ein Corps-Bruder muss doch keine Anwaltskosten bezahlen. Während M-K's Rechtsanwälte für ihre Arbeit wenigstens noch Geld bekamen, bevorzugte unser Vater die noch wesentlich intelligentere und vor allem abrechnungstechnisch viel einfachere Null-Lösung. Burschenschaften waren doch eine geniale Idee.
Bemerkenswert übrigens auch, dass unser Grossvater, der vor 1974 öfter in Augsburg war, sich für uns eingesetzt hatte. Er hatte selbst eine Situation mitbekommen, in der Ursula vor unser aller Augen den sechsjährigen Norbert dermassen zusammengeschlagen und ihn in einem ihrer Anfälle mit dem Kopf voran auf den Hartbast-Flurteppich geworfen hatte, dass der Abdruck des Teppichmusters noch eine Woche lang auf seiner Stirn zu sehen war. Daraufhin hatte er sie zur Rede gestellt und unserem Vater die heftigsten Vorwürfe gemacht, dass er diesen Erziehungsstil zuliess und nichts dagegen unternahm. Unser Grossvater erstattete Anzeige bei der Polizei.
M-K griff das auf und versuchte nun, die Akten über diesen Vorfall in ihre Prozesse mit einzubinden, Ziel Änderung des Sorgerechts. Ursula bekam kurzfristig Schwierigkeiten von der Staatsanwaltschaft und es gab sogar Besuche vom städtischen Jugendamt. Die Bewohner des Mietshauses wurden von M-K als Zeugen genannt und mussten vor Gericht aussagen.
Unser Grossvater wusste aber auch selbst keine Lösung, denn die Alternative, M-K das Sorgerecht zu übertragen, konnte auch nicht gut gehen. Soweit konnte er das auch selber sehen. Seit ihrer Scheidung dürfte es keine Wohnung gegeben haben, in der sie länger als drei Monate gewohnt hatte. Also relativierte er am Ende seine Aussagen wieder. Der Prozess verlief sich. Der Augsburger Richter schien in einer ähnlichen Burschenschaft wie unser Vater gewesen zu sein und widersprach ihm nur selten.
Die weiteren Ergebnisse der Auseinandersetzung waren die folgenden.
Erstens, der Kontakt zwischen Ursula und unserem Grossvater wurde von beiden Seiten abgebrochen - er weigerte sich, nochmal nach Augsburg zu kommen, und ab dann konnten wir nur noch mit unserem Vater alleine nach Amberg fahren. Was natürlich sehr in unserem Sinn war.
Zweitens, sie bemühte sich in Zukunft noch mehr als vorher, uns nur dann zu verprügeln, wenn es keine Zeugen gab.
Und drittens, da dies bei der Lautstärke ihrer Anfälle nicht möglich war in einem Mietshaus, in dem zeitweise fünf kinderreiche Familien wohnten, musste sie Druck auf die Nachbarn ausüben. Das gelang ihr bis auf in einem Fall. Familie Berger hielt dem Druck stand und gab als einzige Familie eine ehrliche Zeugenaussage vor Gericht ab. Mit dem Ergebnis, dass wir unter Strafandrohung nicht mehr mit Bergers reden durften. Die Familien Sturm und Schütz, die selbst Kinder in unserem Alter hatten, die sie liebevoll behandelten, und bei denen wir oft in der Wohnung waren, wollten alle kaum etwas gehört und unsere blauen Flecken kaum je gesehen haben.
Ja, gab Frau Schütz zu Protokoll, der Norbert hatte früher einmal eine geschwollene Wange, blau unterlaufene Lippen und gerötete Schultern. Und einmal habe sie auch gesehen, wie sie wahllos auf ihn eingeschlagen habe. Aber das sei lange her, heute schimpfe sie nur noch selten und bringe viel mehr Verständnis für die Kinder auf. Und sie werde in der Kindererziehung von ihrem Mann ja so alleine gelassen, er würde mit ihr ja sogar wegen der Kinder noch schimpfen. Ein eigenartiges Gefühl, so etwas nach zehn Jahren in einem gerichtlichen Aktenordner zu lesen. Deutschland, 1976. Ursula und unser Vater waren beide Anhänger von Franz Josef Strauß und überzeugte Mitglieder der CSU.
Als Willy Brandt 1973 in Augsburg eine Rede hielt, erzählten sie uns, er sei ein Verbrecher, und faule Eier und Tomaten sollte man auf ihn werfen. Es gab sogar einen thüringischen Zweig der Familie unseres Amberger Grossvaters. Aber, so erzählten sie uns, den Kontakt in die DDR habe die Familie vom Westen aus abgebrochen, nachdem sie ihnen zunächst wohl einige Jahre Pakete geschickt hatten. Wegen der unterschiedlichen politischen Einstellung, die waren nachher alle so regimetreu, so SED-linientreu... Ich hab nie verstanden, worin da ein Unterschied gelegen haben soll.
Bergers zogen weg, und auch andere Mieter im Haus wechselten. Wir verstanden uns gut mit den Kindern im Haus. Fussball wurde interessanter. Deutschland gewann 2:1 gegen Holland und war Weltmeister. In der Wasserschlacht von Frankfurt hatte Deutschland zuvor den späteren WM-Dritten Polen mit 1:0 geschlagen. Unser Vater kaufte einen Farbfernseher. Selbstverständlich durften wir so gut wie nie fernsehen. Ich war neun Jahre alt und wusste gar nicht, was die Sesamstrasse überhaupt war.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

www.100partnerprogramme.de - Geld verdienen im Internet mit Karsten Windfelder

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www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


München, Schloss Nymphenburg

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



Kontakt (Autor, Verlag) siehe Impressum, unten letzte Zeile.
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