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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

25 - Und nachts hämmern die Spechte - Bei den Mískito-Indianern in Honduras

Seite:

 

18

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Es gab eine delikate Szene vor Elenas Lagerhaus, in dem an einem Abend ein Dorffest mit Musik und Tanz stattfand. Viele Leute standen herum, manche waren ziemlich betrunken. Unter anderem auch einer der Militärs, der mir gegenüber immer besonders misstrauisch gewesen war und den ich gemieden hatte. Ich wusste nicht, was er gegen mich hatte, aber ich hatte das Gefühl, vielleicht ahnte er, dass mit meinen Papieren etwas nicht stimmte. Auch beim Volleyballspielen war es mir nie gelungen, sein Misstrauen zu überwinden. Nun stand er mit seinem Maschinengewehr in der Menge der Leute und sah mich. Er ging auf mich zu, wie in einem schlechten Film, entsicherte die Waffe und richtete sie auf mich. Die Leute, die um uns herum standen, sahen auf einmal, wie ernst die Situation war und gingen vorsichtig auseinander. Immer mehr Leuten stockte der Atem, als sie sich umdrehten und es sahen.
Rüdiger Nehberg hatte in seinen Survival-Büchern viel über Militärs geschrieben. Was waren es für Menschen, die in den Folterknästen der Erde Menschen quälten und umbrachten? Es gab zwei Sorten von Militärs, hatte er geschrieben. Mit den einen konnte man reden, mit den anderen nicht. Dieser hier gehörte zur zweiten Sorte. Ausserdem war er betrunken. Es würde nicht nur dann schiessen, wenn ich ihn provozieren würde. Er könnte auch schiessen, wenn ich Angst zeigen oder hastig abhauen würde.
Noch nie hatte jemand so bedrohlich eine Waffe auf mich gerichtet. In Palacios hatten die beiden Militärs zwar auch ihre Maschinengewehre auf mich gerichtet, als sie mich am Abend aus dem Krankenhausbett geholt hatten, aber es bestand keine Gefahr, solange ich ihnen folgte. Hier war die Situation anders. Der Typ war unberechenbar.
Ich sah ihm in die Augen und hielt seinem Blick stand. Ich hatte eine Lebensgarantie. Wenn er schoss, würde er mich nicht tödlich treffen. Aber dafür vielleicht Unbeteiligte, die hinter mir standen. Ich blickte kurz nach hinten und sah, dass alle, die hinter mir gestanden hatten, urplötzlich verschwunden waren. Er setzte ein mieses Lächeln auf und gab mir irgendeine bescheuerte Anweisung, ich solle seine Schuhe küssen oder sowas, ich weiss nicht mehr, irgendetwas Erniedrigendes jedenfalls. Ich blieb stehen und sah ihm in die Augen.
Du kannst schiessen und mich töten, aber du wirst Probleme bekommen, sagte ich ihm in einem ruhigen und deutlichen Ton auf Spanisch. Spanisch, nicht Mískito. Spanisch war die Sprache seiner Chefs. Auch wenn ich damit die Situation dramatisch zuspitzte und keiner der Umstehenden lächelte, spürte ich genau, ich hatte den Respekt der Leute. Ich wusste, er war betrunken, und sachlichen Argumenten nur schwer zugänglich. Ich vermied es, ihm weiter in die Augen zu schauen, und blickte stattdessen in den Lauf der Waffe. Dann sah ich zur Seite, auf die Leute. In Menschenmengen gab es immer Mutige, die am liebsten direkt neben dem Ort des Geschehens standen, wenn etwas passierte. Auch hier. Und endlich, einer von ihnen hatte den Mut und griff meinen Gedanken auf. Er verwies darauf, dass der míriki nichts gemacht habe.
Doch ich war mir nicht sicher, was es bringen würde. Die Militärs waren es nicht gewohnt, dass es etwas gab, dass sie nicht durften. Erst recht nicht die betrunkenen Militärs. Ich sagte nichts. Der Soldat lächelte weiter.
Nimm die Waffe runter und lass den míriki in Ruhe, sagte ein anderer. Irgendwann fühlte sich der Soldat überstimmt, liess die Waffe sinken und lächelte über seine Leistung, dem gringo Angst gemacht zu haben. Langsam löste sich die Situation auf. Die anderen fanden es nicht so lustig und meinten zu mir, ich solle mir nichts daraus machen. Ich drehte mich trotzdem um und verliess den Platz. Einige meinten, ich könne ruhig bleiben, aber andere wiederum sagten, sie könnten es verstehen, wenn ich nicht bleiben wollte.
Nach ein paar Tagen kam er zu Indios Haus und entschuldigte sich. Er war froh, dass es damit getan war. Ich war auch froh. Aus seinen Worten hatte auch ein wenig Angst geklungen, dass ich irgendwelche Schritte einleiten könnte. Vielleicht hatten sie ihn überzeugt, dass es doch ein paar Sachen gab, die auch die Militärs nicht ohne weiteres durften.

Irgendwann wurde deutlich, dass Indio kein zweites cayuco mehr hacken konnte. Mehrere Male fragte ich nach, ob ich ihnen nicht in den Feldern helfen konnte, bei der Reis-Ernte, oder im Kakao, aber sie lehnten entschieden ab. Sie wollten mich nicht mal mitnehmen, wenn sie zu den Feldern fuhren. Ich habe das nie verstanden. Vielleicht war es Misstrauen, oder ihre Felder waren für Fremde tabu, Angst ich könnte ein Spion für Sandino sein, oder einfach nur ihr Verständnis von Gastfreundschaft.
Ich war Gast hier, durfte im Haushalt helfen, Wasser holen, aber ich bekam unweigerlich mehr und mehr das Gefühl, alles das reichte nicht, um das, was ich hier ass, zu kompensieren. Es war auch klar, dass das Geschäft bislang ausgeglichen war und auf Gegenseitigkeit beruht hatte. Ich hatte wochenlang auf ihr Zelt aufgepasst, während sie cayuco hackten. Besonders, als die Frau wieder gefahren war, hätten sie nur zu dritt arbeiten können. Doch jetzt, im Dorf...

Es kam die Zeit, wo ich mich langsam darüber informieren musste, wo Wampusirpi überhaupt lag. Und wo es von hier hingehen könnte. Ich konnte mir gerne den Zeitpunkt aussuchen, wann ich weg wollte. Niemand drängte mich. Wampusirpi war einer der wenigen Orte, wo sie mich am Ende nicht drängten, hier bei ihnen zu bleiben und eines von den Mädchen zu heiraten.
Wampusirpi lag mitten im Land. Hundert Kilometer Luftlinie zur Küste im Nordosten, und hundert Kilometer zur nicaraguanischen Grenze im Süden. Dazwischen lag der Ort Mocorón, etwa sechzig Kilometer entfernt, und erst ab dort gab es wieder Strassen.
Eine der schönsten Szenen durfte ich in Indios Haus erleben, als Seberino von seinem kleinen Sohn gefragt wurde, in welche Richtung ein Spielzeugauto fuhr. So rum oder so rum? Ein Auto konnte in zwei Richtungen fahren. Was war vorwärts? Seberino überlegte einen Moment, und meinte dann: so rum fährt das Auto.
Es stimmte. Er musste schonmal ein Auto gesehen haben. Junge, dachte ich mir, du weisst gar nicht, wie glücklich du bist, so etwas nicht zu wissen. 1988, Planet Erde. Das Rad kannten die Kinder von Wampusirpi nur von Flugzeugen.
Auasbila* lag noch weiter in den Bergen am Río Coco, hundert Kilometer Luftlinie von Wampusirpi entfernt und nur über bergige Urwaldpfade zu erreichen. An sich kein besonders interessanter Punkt, abgesehen von der Tatsache, dass mir einige Leute aus Deutschland vielleicht an die dortige Adresse postlagernd hingeschrieben hatten. In einer alten Honduras-Karte war der Ort ganz gross eingezeichnet, und ich hatte keinen Zweifel gehabt, dass es dort ein Postamt geben würde. Heute war es wohl nur noch ein kleiner Militär-Stützpunkt mit wenigen Häusern. Das hatte ich erst hinterher erfahren. Wenn Post nach Auasbila gegangen war, habe ich sie nie erhalten.

* Mískito auas = Kiefer(n), bila = Sprache. "Sprechende Kiefern".

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

www.100partnerprogramme.de - Geld verdienen im Internet mit Karsten Windfelder

www.affiliate-katalog.de - Partnerprogramm-Suchmaschine

images.google.com - Bilder suchen mit Google

www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Typisches traditionelles Indianerhaus mit Palmendach (Bild aus Französisch-Guyana, in Honduras sahen die Häuser sehr ähnlich aus. Palmendächer hatten 1988 nur noch wenige, die meisten hatten Wellblech)

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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