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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

26 - Oder arbeitest du für lasía? - Nicaragua, 1988

Seite:

 

09

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Dagoberto will wissen, wie es in den USA mit Arbeiten ist, er will nach Nordamerika.
"Das Grenzgebiet wird streng bewacht, du müsstest connections zu Mexikanern haben, die sich da auskennen. In Texas arbeiten viele Mexikaner illegal, und in Kalifornien auch."
Am Mittag kommen zwei dazu.
Ein Salvdoreño, er ist fünfunddreissig und lebt seit neun Jahren in Managua, ist verheiratet mit einer Nicaraguanerin. Seine Papiere sind ihm geklaut worden, jetzt müssen sie ihm neue ausstellen.
Der andere ist aus der Dominikanischen Republik und scheint von Beruf Witzbold zu sein. Achtundzwanzig Jahre, schon in dreiundzwanzig Ländern gewesen, ist reich, das gibt er offen zu, und labert ständig die Wachsoldaten voll. Er will seinen Botschafter sprechen. Er will nur weg hier.
"Schicken Sie mich egal in welches Land, ja, nach Honduras oder Guatemala, ist mir scheissegal, aber schicken Sie mich bloss raus hier", in dem Ton.
Das Essen sei das letzte, was ihm bisher untergekommen sei. Irgendwann verlieren sie die Geduld - Resultat: Fernseher jetzt um acht Uhr ausmachen. Wir schaffen es noch, sie auf 20.30 Uhr hochzuhandeln, weil wir unbedingt das sandinistische Nachrichtenmagazin noch sehen wollen.
"War dein Botschafter schon hier?", fragen wir Kolumbien.
"Ja, schon paarmal war der hier."
"Und wenn sie dich freilassen, wo werden sie dich dann hinschicken?"
"Weiss nicht, keine Ahnung. Nach Kolumbien - ?"
Wir überlegen, ob es von Managua aus Flüge nach Bogotá gibt. Wohl nicht...
Auch bei mir kann ich mir nicht richtig vorstellen, was sie mit mir machen wollen. Zunächst geniesse ich es, barfuss in diesen sauberen Räumen meine zum Glück nicht wieder infizierten Füsse auskurieren zu können. Doch, meinen Füssen tut es wirklich gut. Aber was kommt danach?
Genauso wie sie nicht zu wissen schienen, was sie von mir halten sollten, weiss ich nicht, was ich von ihnen halten soll. Was haben sie mit mir vor? Wollen sie mich einfach nur zermürben? Halten sie mich für spionageverdächtig oder nicht? Fest steht, dass sie mich hier Vollpension verköstigen, jeden Tag dreimal Essen, vielleicht wird es ihnen doch irgendwann mal zu dumm.
Kolumbien sagt, ein Bolivianer soll einmal ein halbes Jahr gesessen haben, ein Italiener sogar einmal zwei ganze Jahre. Aber die hat er nicht gekannt. Vielleicht ist es nur ein Gerücht.
Salvadors Fall kommt uns am komischsten vor.
"Du lebst also schon seit neun Jahren hier in Managua, bist mit einer Nicaraguanerin verheiratet, hast zwei Kinder, warum stecken sie dich dann in den Knast, wenn sie dir nur die Papiere nochmal neu ausstellen müssen?"
Zuckt mit den Schultern, "
así son ellos", so sind die halt. Irgendwie haben sie wohl echt eine Paranoia.
Kolumbien und der Dominicano haben ein eigenes Gesprächsthema - beide sind von Costa Rica aus grün über die Grenze. Und dann sind sie weiter innen im Land irgendwann mal bei einer Kontrolle nach Papieren gefragt worden, was in dieser Gegend keine weiter grosse Schwierigkeit ist.
"Ich bin in Costa Rica bis kurz vor den Grenzübergang", erzählt der Dominicano, "son Feldweg rein, und hab den nächsten Bauern nach dem grünen Weg über die Grenze gefragt. Hat er mir beschrieben, ich geh also los, durch den
monte", so nennen sie den Urwald, "und auf einmal steh ich auf dem Pfad som Riesen-Wolfshund gegenüber. So gross -"
"Wolfshund? In Mittelamerika gibt es doch keine Wolfshunde."
"Natürlich gibt das hier Wolfshunde,
hombre, so gross war der, und hatte Zähne, aber was für welche -"
"Wölfe gibt das nur in Russland -"
"Nein, Wolfshund, ich sag doch, das war kein Wolf, sondern der war grösser, und schwarz -"
"Schwarz? Wenn, dann gibt das hier höchstens ein paar Coyoten, die sind aber nicht schwarz, und schon gar nicht grösser als ein Haushund -"
"Nein, ein Wolfshund, ich sag dir, der war pechschwarz, und etwa, also - so gross -"
"Jetzt erzähl doch nichts, in Mittelamerika gibt es doch keine -"
"Mann, lass ihn doch mal ausreden! Wir wollen das jetzt zuende hören -"
"Also, ich steh da also auf dem Pfad, und der Wolfshund, also - so gross - und -"
"Aha, gewachsen in der Zwischenzeit."
"Nein, so gross, hab ich gesagt. Na gut, so gross. Wir stehen uns gegenüber und mir ist also vom ersten Augenblick an klar, was der von mir will. -"
"Zwei Pesos fürn Bus bestimmt nicht -" Mann, sei doch mal still.
"Ich kuck ihm also scharf in die Augen, und sage: 'Weiche von mir!', und auf der Stelle - nein, das heisst, da hat er sich noch nicht gerührt, also ich nochmal: 'Geh hinfort!' - und dann ist er ab, in den
monte, und ich konnte unbehelligt weitergehen."
Vom nächsten Abend an nennen wir ihn
Niño, und das hat er sich aber verdient. Wir dachten uns also, er labert besser uns voll, als die Wachsoldaten... aber manchmal übertreibt er es schon ein wenig. Den ganzen Tag will er uns weismachen, dass die beste Demokratie der Welt die Dominikanische Republik sei, mit dem bekanntesten Präsidenten der Welt, die beste Musik käme von daher, und so weiter. Natürlich unterbrechen wir ihn ständig, wenn er es zu weit treibt. So haben wir auf einmal Stimmung im Knast.
"Einmal hatte ich ein Erlebnis. Ich lag zuhause, auf meinem Bett, so wie hier auf der Matratze jetzt -"
"Aber nicht mit Hund, stimmts?!" - alle lachen. Vorher wollte er uns nämlich erzählen, dass es in der Dominikanischen Republik keine Hunde gäbe, genauer, dass die dort nicht auf der Strasse rumlaufen würden, wie hier in den Städten von Mittelamerika.
"Nein, nicht mit Hund."
"War auch wirklich kein Hund in der Nähe?" - Haben sogar die Wachsoldaten gelacht, als Dagoberto ihnen diese Geschichte erzählt hat. Überall in Lateinamerika gibt es Hunde.
"Nein, Mann, echt nicht."
"Auch nicht ein fernes Bellen?"
"Nein, Mann, da war kein Hund! Ich lag alleine auf meinem Bett -"
"Auch nicht mit Wolfshund - ?"
"NEIN. Ich war allein, also, es war schon dunkel, nur eine Kerze, ich lag also da - so - kucke nach oben, und auf einmal höre ich eine Stimme. Ja, wirklich, eine Stimme. Und es war niemand da, woher die Stimme hätte kommen können! Sie kam von genau über mir, von oben, direkt über mir, etwa zehn-zwölf Meter hoch, und die Stimme sagte:
Niño, ¡levántate!" - wir liegen am Boden und krümmen und vor Lachen. Der spannendste Moment, und dann kommt das!
Niño, ¡levántate! ist Bibelspanisch und heisst "Kind, erhebe dich". Ausser der "Stimme" würde in Lateinamerika jedenfalls keiner mehr niño zu ihm sagen.
"
Niño, das sagt doch kein Mensch!"
"Doch, in der Dominikanischen Republik ist das sone Redewendung,
niño, das sagt man halt so -"
"Ja, zu Kindern vielleicht, aber nicht zu dir!"
"Doch,
niño, das sagt man auch zu Erwachsenen -" - ich an seiner Stelle hätte gesagt, wieso, da war ich acht Jahre.
Wir haben natürlich nichts Besseres zu tun, als gleich darüber zu diskutieren, ob die Stimme nicht vielleicht doch von einem Hund kam, weil die Hunde in der Dominikanischen Republik ja bekanntlich sprechen können... eigentlich war die Passage, die er uns erzählt hatte, nur eine Einleitung zu einer viel längeren und viel phantastischeren Geschichte, aber
Niño hatte keine Lust mehr, weiterzuerzählen.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

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www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Tagebuch in Grösse A6 mit superkleiner Schrift, in das ich in dieser Zeit vor allem meine Briefe nach Deutschland abschrieb (hier kursiv). Der Nicaragua-Text wurde in Kolumbien geschrieben, etliche tote Moskitos zieren das Werk.

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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