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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

26 - Oder arbeitest du für lasía? - Nicaragua, 1988

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10

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Und seinen Botschafter will er sprechen, unbedingt, wegen der Genfer Konvention und so.
"Das ist internationales Recht, jeder ausländische Gefangene hat das Recht, innerhalb von drei Tagen seinen Botschafter oder Konsul zu sprechen."
Ernesto, der Salvadoreño: "
Hombre, du bist hier nicht irgendwo, du bist hier in Nicaragua. Das sind keine Diplomaten hier, das sind Guerilleros, die haben keine Ahnung von sowas. Wir können froh sein, dass sie uns so gut behandeln. Guerilleros sind das! Das einzige, was die können, ist Krieg führen, und nix weiter."
"So, wie wir hier behandelt werden, würden sie uns in keinem anderen Land behandeln!"
"
Hombre, hast du ne Ahnung, wie die Abschiebeknäste in Deutschland aussehen? Geh mal illegal nach West-Berlin, dann redest du aber anders."
"Aber das ist doch ein demokratisches Land, Deutschland."
"Dieses Argument ändert aber nichts am Zustand der Abschiebeknäste dort."
"Also in der Dominikanischen Republik ist das anders. Dort sind die -"
"Ja, klar, wir wissen, da sind das Fünf-Sterne-Hotels mit swimming pools -"
"Nein, das natürlich auch nicht, aber so, wie sie uns hier behandeln, würden sie uns da nicht behandeln, das weiss ich. Und in deinem Land doch auch nicht, oder, Salvador?"
"Das Gefängnis in San Salvador ist so gross wie - komm, wir gehn mal zum Fenster. Du siehst dieses grosse sechsstöckige Hochhaus da hinten? So gross ist ungefähr das Gefängnis von San Salvador. -"
"Wirklich so gross?"
"Das weiss niemand so genau, wie gross das wirklich ist! Weil es nämlich einen kleinen Unterschied gibt: die Stockwerke liegen alle unter der Erde und nicht drüber. Da ist nur ein Stockwerk oben, das ist anders als hier. Wie tief das wirklich ist, kann dir niemand sagen. Jedenfalls keiner, der da lebend wieder rausgekommen wäre."
Ernesto kann ihm mit einiger Geduld zumindest begreiflich machen, dass es durchaus nicht selbstverständlich ist, dass Gefängnisse in den Ländern Mittelamerikas mit Fernseher ausgestattet sind, wo an guten Tagen sogar das mexikanische Programm reingeht, und die Gefangenen vom Wachpersonal auf freundliche Bitte sogar Chemiezeug gegen lästige Moskitos bekommen.
"Aber du kannst doch auf der Strasse laut sagen, wenn dir etwas nicht passt, das ist doch eine Demokratie da."
"Aber pass auf, dass du nichts Falsches sagst. Sonst ist es aus mit der Redefreiheit."
"Auf der Strasse abschleppen können sie mich nicht, ich sage ihnen, ich arbeite als Reporter."
"Die schleppen dich nicht auf der Strasse ab. Die kommen nachts, in dein Hotel, ohne dass das einer sieht, und holen dich raus, ohne dass das einer sieht... und im Hotel bist du nie gewesen. Sie radieren deinen Namen aus, das sind Profis, die wissen, was sie machen."
"Wenn ich aber nicht da bin?"
"Die wissen, wo deine Frau wohnt. Oder deine Kinder. Wenn du erst einmal auf der Liste der Todesschwadronen stehst, die kriegen dich, das ist ein ungleiches Spiel, du hast keine Chance."
"Und wenn ich meinem Botschafter vorher Bescheid gesagt hab-"
"Die kriegen dich, du hast keine Chance. Wer will denn beweisen, dass sie dich haben? Wer will denn draussen wissen, in welchen unterirdischen Gängen sie dich wohin verschleppt haben? Denen kannst du zehnmal erzählen, dass du aus der Dominikanischen Republik kommst, das kümmert die kein bisschen."
Es ist nicht zuletzt Salvadors Einfluss, dass sich
Niño mit der Zeit etwas besser ins Knastleben einfügt.

Dagoberto kam sogar schon von Kolumbien bis Nicaragua grün über alle Grenzen, er hatte gar keinen Pass. Hätte er in Kolumbien wohl nie bezahlen können, er kam nicht aus einer reichen Familie. Nun sass er schon Monate im Knast und hatte keine Idee, wie er wieder rauskommen würde. Ob ihm die Botschaft einen Pass ausstellen würde?
Ich hielt mich ein weiteres Mal an einen Ratschlag von Rüdiger Nehberg. Aus dem Kapitel Survival im Knast. Gefangenschaft war eine perfekte Gelegenheit, so hatte er geschrieben, Sprachen zu lernen. Leider konnten die drei nur eine Sprache, Spanisch. Aber immerhin. Wenigstens lernte ich das ein bisschen besser. Ich hatte es mir ja vorgenommen. Wenn am Nachmittag das Fernsehprogramm anfing, versuchte ich so viel wie möglich zu verstehen. Manchmal gab es auch ausländische Filme mit spanischen Untertiteln.

Manchmal lassen sie uns länger fernsehen, das kommt immer auf die Wachen an, und so kriegen wir an einem Abend einen guten Woody-Allen-Film mit, Teil 1, und noch nicht mal von Werbung unterbrochen. Sonst ist auch in Nicaraguas staatlich-sandinistischen Fernsehen alles von Werbung unterbrochen (Final feliz also auch), sie wollen ja nicht hinter den USA zurückstehen. Allerdings ist es meist irgendwelche staatliche Werbung, für irgendwelche staatlichen Banken oder ein Regierungsprojekt, Programmhinweise oder sowas.
Am nächsten Abend um halb neun kommt Teil zwei, und wo es grad am lustigsten wird, sagen die Wachen, wir sollen den Fernseher ausmachen.
Hombre. Aber alles diskutieren hilft nichts. Ja, ist gut, Licht aus.
Bis er wieder weg ist, dann holen wir uns die Glotze ins Klo, da ist kein Fenster, Tür zu, Ton ist nicht so wichtig: Original mit spanischen Untertiteln.
Aber die Wachen honorieren, dass Niño sich nicht mehr übers Essen beschwert. Besteck zum Essen bekommen wir aber immer noch nicht, das scheint Befehl von oben zu sein, wir müssen unseren Reis immer noch mit den Fingern essen. Wir teilen uns das Essen immer auf. Ich vertrage die Bohnen nicht, Niño mag
yuca nicht, Kolumbien bekommt die Früchte von Salvador.
Wir bekommen sogar ein Brett zum Dame-spielen, Niño verliert dauernd gegen Kolumbien. Zeitungen von vor drei Tagen bringen sie uns hin und wieder auch.
Barricada, die Regierungszeitung.
"Wollen wir unsere Adressen austauschen?" - ja, genau, das wollen wir machen, das ist eine gute Idee.
Mal sehen, wie man an einen Bleistift rankommt.
"Hier in der Zeitung ist dieses gute Kreuzworträtsel, das würden wir gerne machen. Können Sie uns dafür einen Stift bringen?"
Bringt er uns tatsächlich einen kleinen Bleistift an, was nicht alles möglich ist.
Es ist sehr warm, auch abends noch lange, und manchmal spendieren die Wachen uns Melonen. Reichen sie uns an durch das Fenster im hinteren Zimmer rein, das brauchen die Chefs nicht unbedingt zu sehen. Ernesto organisiert sich Zigaretten, die aber gegen harte Córdobas. Er hat ein bisschen Geld behalten, hat er trickreich angestellt.


Die Wachen wussten nie zu sagen, wie die Sachen für uns standen. Es kommt ganz plötzlich. Eines Morgens in der zweiten Woche kommen sie zu uns rein, bringen meine Klamotten, ich soll mich anziehen. Aha, es ist soweit. Ich weiss immer noch nicht, was sie jetzt mit mir machen, aber es könnte sein, dass sie mich freilassen. Niño beschreibt mir noch, wo seine Botschaft in Managua ist.
"Was machst du danach?", fragt Dagoberto.
"Weiss nicht, vielleicht nach Südamerika."
"Nach Bogotá?"
"Warum nicht, kann auch sein, vielleicht komme ich irgendwie mal nach Bogotá."
"Da zu dieser Adresse, die ich dir gegeben habe, kannst du immer hingehn, das sind nette Leute. Da kannst du immer anrufen, die helfen dir."

Sie lassen mich nicht frei, sondern sie fahren mich im Bullenwagen durch Managua, verlassen die Stadt und fahren nach Süden. Sie haben mir alle meine Sachen wiedergegeben, auch Geld und Wertsachen, und da sie nach Süden fahren, scheint es jetzt klar zu sein, sie fahren mich nicht zurück nach Honduras. Und damit müsste ich gewonnen haben, ein bedeutender Schritt weiter in Richtung Panamá.
Unterwegs nehmen sie sogar Anhalter mit, eine Frau mit ihrem Kind, die bis Granada mitfährt. Hinter Granada fahren wir lange Zeit am Nicaragua-See vorbei. Einige Stunden später sind wir an der Grenze von Costa Rica.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

www.100partnerprogramme.de - Geld verdienen im Internet mit Karsten Windfelder

www.affiliate-katalog.de - Partnerprogramm-Suchmaschine

images.google.com - Bilder suchen mit Google

www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Ausschnitte aus der Barricada, auf denen wir unauffällig mit Bleistift unsere Adressen ausgetauscht hatten.

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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