Schlüsselwörter dieser Seite:     Panama 1988 Paya Urwaldpfad Wegbeschreibung Grenzstein

 

 

 

Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

Ins Netz gestellt von Planet Poster Editions

Kapitel:

 

27 - Fussball und Moskitos - zu Fuss nach Südamerika

Seite:

 

09

Kapitel in Band 1:

Kapitel in Band 2:

Kapitel in Band 3:

 
Seiten dieses Kapitel:

01 02 03 04 05 06 07 08 09

10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 Epilog

01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16

vorige Seite        nächste Seite          


29. Mai 1988
Paya-Cristales. Niemand anderes sagte mir am Morgen auch nur einen Ton über den Weg. Ausser, dass ich viereinhalb Stunden unterwegs wäre. Augenthaler hatte nur gewusst, wo der Weg losging, aber ich hatte das Ticket in der Tasche. Ich bestand darauf, selbst zu gehen. Sie protestierten und liessen mich erst dann gehen, als ich ihnen sagte, wenn ich den Weg nicht finden würde, würde ich zurückkommen und mir eben dann für hundert Dollar einen Führer nehmen.
Sie liessen mich tatsächlich gehen. Vielleicht dachten sie sich, ich würde dann mehr Geld bezahlen, wenn ich unweigerlich zurückkäme. Sie mussten sich ihrer Sache ganz schön sicher gewesen sein.
Ich rechnete mit sechs oder sieben Stunden. Augenthalers Wegbeschreibung hatte sich nur auf die ersten ein oder zwei Kilometer bezogen. Danach war ich auf mich alleine gestellt. Immerhin hatte er mir gesagt, wo der Pfad losging. Die Stelle, wo er am Ende der Fussballwiese aus dem Dorf führte, war alles andere als auffällig. Sie hatten sie fast schon getarnt. Aus den Büchern wusste ich nur, dass auf halber Strecke der Grenzstein kommen musste, Palo de las Letras, und ich danach in Kolumbien wäre.
Hinter einem Bach sah ich nach einer Viertelstunde Weg eine kleine, ziemlich abgewirtschaftete und überwucherte Bananenplantage. Ich ging hin und fand ein paar Früchte. Es war eine besonders nahrhafte Sorte, ich kannte sie aus Honduras, was Besseres konnte mir hier gar nicht passieren. Die Bananen dieser Sorte waren vielleicht dreimal so schwer wie die Bananen, die in Europa verkauft wurden und hatten rötlich-oranges kräftiges Fleisch. Ich ass drei und war komplett satt.
Es gab hier so viele verschiedene Bananensorten, die alle nicht nach Europa exportiert werden konnten. Die Bananen, die in Europa verkauft wurden, schmeckten fade und langweilig verglichen mit dem, was hier in den Tropen alles angebaut wurde.
Der Weg war sehr schwer. Über Berg und Tal, viele Kurven, oft verlor er sich oder teilte sich unmotiviert einfach auf, in lauter kleine Arme, und ich musste raten, welcher Arm der richtige war. Zum Glück schien den ganzen Tag die Sonne, hoch über den achtzig oder hundert Meter hohen Urwaldriesen und ich konnte sehen, wo Südosten war. Der Pfad ging, wie ich schon nach kurzer Zeit erkannte, streng nach Südosten. Ich hielt es für unwahrscheinlich, dass sich das ändern würde.
Ständig hatte ich Riesenangst, es könnten Banditen in der Nähe sein und mir unverhofft entgegenkommen. Einmal sah ich etwas weiter unten am Berghang rote Früchte einer Palmenart, die ich aus Honduras noch kannte und von denen ich wusste, dass sie zu den wenigen essbaren Früchte im Urwald gehörten. Ich war froh darüber, ging hin und legte eine Pause ein. Doch je länger ich Pause machte, desto mehr stieg die Angst hoch. Wenn diese roten Früchte hier wuchsen, hiess das, dass hier nur sehr selten Einheimische entlanggingen, die den Urwald kannten. Und sie wussten sicherlich genau, warum sie hier nicht langgingen.
Der Urwald selbst war ein grandioses Erlebnis. Es war hier nicht der Sekundärwald, der nach einer Brandrodung wieder hochwuchs und der sich durch ein unglaubliches Dickicht an Gebüschen und krautartigen Pflanzen auszeichnete. Es war der Primärwald, der seit Menschengedenken hier wuchs und der noch nicht einmal gerodet worden war. Der hiesige Primärwald hatte kein Unterholz. Er erinnerte in dieser Beziehung fast an einen mitteleuropäischen Buchenwald. Allerdings mit einem unglaublichen Artenreichtum an Bäumen und einem ausgeprägten Leben in den oberen Etagen der Bäume. Affen, Papageien, die verschiedensten Vögel. Kaum ein Sonnenstrahl fiel auf den Boden und selbst in der Regenzeit blieb der Waldboden fast trocken, die wenigen Gebüsche waren oft verdorrt. Das Leben im Urwald spielte sich da oben ab.
Ich wusste auch, es war lebensgefährlich, sich hier zu verlaufen. Wer hier die Wasserstellen nicht kannte und sich im Urwald nicht zu ernähren wusste, war verloren. Und erst recht, wer sich irgendwo mitten im Urwald den Fuss verletzte.
Der Pfad ging in ein Tal und teilte sich auf. Hier gab es Blattschneiderameisen, deren Strassen so dick wie Menschenpfade waren und ihnen täuschend ähnlich sahen. Ich wusste nicht mehr weiter und hatte keine Wahl - ich musste erstmal alle Blattscheiderameisenpfade verfolgen. Deren Konstrukteure offenbar alles andere als einen klaren Plan davon hatten, wo sie überhaupt hinwollten. Irgendeiner dieser Pfade blieb auch nach längerer Zeit einer Richtung treu und ich ging ihn weiter. Es war der richtige Weg.
Tendenziell ging der Weg immer weiter bergan, hielt sich lange Zeit auf einem Berggrat. Irgendwann wurde das Unterholz wieder dichter und der Pfad dünner. Dann war er einfacher zu gehen, weil dann zu sehen war, wenn irgendwelche Äste und Sträucher am Wegrand mit Macheten abgeschlagen worden waren. Woraus übrigens auch abgelesen werden konnte, wie lang der Machetenschlag her war. Hier war es einige Zeit her, anders als vor Púcuru.
Noch einen kleinen Hügel nahm der Pfad, ging auf eine Anhöhe - und auf einmal stand ein Stein am Wegrand, umrahmt von Büschen. Und tatsächlich, er war es: der Grenzstein. Palo de las Letras. Nach vier Stunden hatte ich die Hälfte des Weges geschafft. Ich hatte den Weg nach Kolumbien gefunden. Kein Mensch weit und breit, kein Häuschen, keine Passkontrolle. Nur ein Grenzstein. Republik Kolumbien. Wenn ich jetzt umkehren müsste, müsste ich nicht mehr zurück nach Paya. Hier war ich definitiv auf dem richtigen Weg.
Ein historischer Schritt weiter, und ich war in Südamerika. Ich hatte es geschafft, ich war zu Fuss nach Südamerika gekommen. Alleine, ohne Vorbereitung, ohne Führer und in der Regenzeit. Verdammt nochmal, war ich gut.

Ab hier ging es bergab. Der Weg wurde einfacher und ich hatte mehr Selbstvertrauen. Selbstverständlich prägte ich mir genau ein, wo ich vorbeikam. Fünfeinhalb Stunden nach Palo de las Letras stiess ich auf einen Seitenpfad, der aber schnell endete. Dann ging der Pfad einen steilen Abhang hinunter, erreichte einen ruhigen, grossen Bach, den ich durchwaten konnte, und auf der anderen Seite des Baches standen Häuser! Ich war in Cristales!
Es war tatsächlich Cristales, stand irgendwo an einem Haus der kolumbianischen Forstverwaltung, aber bei den Häusern war kein Mensch. Das Dorf war vollkommen verlassen. Alle Türen und Fenster waren zu. Und, sehr verdächtig, vor allen Fenstern dicke Moskitonetze. Ich nahm ein Bad im Bach. Es wurde bald dunkel, und jetzt kamen die Moskitos.
Alle Häuser waren perfekt abgeschlossen, nirgendwo ein Schlüssel, ich hatte keine Chance. Ich setzte mich neben eines der Häuser, packte mich in den Schlafsack, überall kamen jetzt die Moskitos. Tagsüber flogen Moskitos eher selten. Manche Arten kamen nur am Abend, manche nur am Morgen. Diese hier flogen die ganze Nacht. Ich hatte keine Chance. Und jetzt war es dunkel, stockfinster, ich konnte auch nicht mehr zurück in den Wald. Ich zog alle Kleidungsstücke an, die ich hatte, und verkroch mich so gut es ging in den Schlafsack. Aber die Mücken kamen trotzdem rein, und sie stachen auch durch die Hose, durch die Socken, den Pullover. Die Nacht wurde zur Qual. Sie kamen von überall. Mir fiel nur noch ein Spruch von Norbert ein. Was einen nicht tötet, härtet ein ab.

Nächste Seite




 

Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

www.100partnerprogramme.de - Geld verdienen im Internet mit Karsten Windfelder

www.affiliate-katalog.de - Partnerprogramm-Suchmaschine

images.google.com - Bilder suchen mit Google

www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Ein typisches Haus auf Stelzen, wie es sie auch in den Dörfern im Urwald Panamas gab.

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



Kontakt (Autor, Verlag) siehe Impressum, unten letzte Zeile.
Links zu allen Einzelseiten: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10   11 12 13 14 15 16 17 18 19 20   21 22 23 24 25 26 27 28 29 30   31 32 33 34 35 36 37 38 39 40   41 42 43 44 45 46 47 48 49 50   51 52 53 54 55 56 57 58 59 60   61 62 63 64 65 66 67 68 69 70   71 72 73 74 75 76 77 78 79 80   81 82 83 84 85 86 87 88 89 90   91 92 93 94 95 96 97 98 99 100   101 102 103 104 105 106 107 108 109 110   111 112 113 114 115 116 117 118 119 120   121 122 123 124 125 126 127 128 129 130   131 132 133 134 135 136 137 138 139 140   141 142 143 144 145 146 147 148 149 150   151 152 153 154 155 156 157 158 159 160   161 162 163 164 165 166 167 168 169 170   171 172 173 174 175 176 177 178 179 180   181 182 183 184 185 186 187 188 189 190   191 192 193 194 195 196 197 198 199 200   201 202 203 204 205 206 207 208 209 210   211 212 213 214 215 216 217 218 219 220   221 222 223 224 225 226 227 228 229 230   231 232 233 234 235 236 237 238 239 240   241 242 243 244 245 246 247 248 249 250   251 252 253 254 255 256 257 258 259 260   261 262 263 264 265 266 267 268 269 270   271 272 273 274 275 276 277 278 279 280   281 282 283 284 285 286 287 288 289 290   291 292 293 294 295 296 297 298 299 300   301 302 303 304 305 306 307 308 309 310   311 312 313 314 315 316 317 318 319 320   321 322 323 324 325 326 327 328 329 330   331 332 333 334 335 336 337 338 339 340   341 342 343 344 345 346 347 348 349 350   351 352 353 354 355 356 357 358 359 360   361 362 363 364 365 366 367 368 369 370   371 372 373 374 375 376 377 378 379 380   381 382 383 384 385 386 387 388 389 390   391 392 393 394 395 396 397 398 399 400   401 402 403 404 405 406 407 408 409 410   411 412 413 414 415 416 417 418 419 420   421 422 423 424 425 426 427 428 429 430   431 432 433 434 435 436 437 438 439 440   441 442 443 444 445 446 447 448 449 450   451 452 453 454 455 456 457 458 459 460   461 462 463 464 465 466 467 468 469 470   471 472 473 474 475 476 477 478 479 480   481 482 483 484 485 486 487 488 489 490   491 492 493 494 495 496 497 498 499 500   501 502 503 504 505 506 507 508 509 510   511 512 513 514 515 516 517 518 519 520   521 522 523 524 525 526 527 528 529 530   531 532 533 534 535 536 537 538 539 540   541 542 543 544 545 546 547 548 549 550   551 552 553 554 555 556 557 558 559 560   561 562 563 564 565 566 567 568 569 570   571 572 573 574 575 576 577 578 579 580   581 582 583 584 585 586 587 588 589 590   591 592 593 594 595 596 597 598 599 600   601 602 603 604 605 606 607 608 609 610   611 612 613 614 615 616 617 618 619 620   621 622 623 624 625 626 627 628 629 630   631 632 633 634 635 636 637 638 639 640   641 642 643 644 645 646 647 648 649 650   651 652 653 654 655 656 657 658 659 660   661 662 663 664 665 666 667 668 669 670   671 672 673 674 675 676 677 678 679 680   681 682 683 684 685 686 687 688 689 690   691 692 693 694 695 696 697 698 699 700   701 702 703 704 705 706 707 708 709 710   711 712 713 714 715 716 717 718 719 720   721 722 723 724 725 726 727 728 729 730   731 732 733 734 735 736 737 738 739



 Impressum

© Planet Poster Editions 2007



login