Schlüsselwörter dieser Seite:     Ecuador 1988 Riobamba Hochebene Panamericana Dorfbus

 

 

 

Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

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29 - Ich bin halt so ein bisschen auf der Suche - Quichua in Ecuador

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11. September 1988
Am Morgen lief ich lange aus Riobamba raus und niemand wollte heute anhalten. Ich trampte aber auch nicht, denn gestern war ich fast schon zu weit gekommen. Ich fand das Land zu bezaubernd als dass ich schon so schnell wieder weiter wollte. Die schneebedeckte Silhouette des mächtigen Chimborazo, des mit über sechstausenddreihundert Metern höchsten Berges des Landes, hob sich im Norden prachtvoll gegen den Himmel ab. Fast wie ein persönliches Geschenk, denn alle anderen Berge blieben unter schweren Wolken. Es war kalt und feucht. Ab etwa viertausend Metern lag Schnee.
Vor Riobamba hatte die Strasse eine Hochebene auf dreitausendsechshundert Metern Höhe durchquert, nun lief sie wieder etwas tiefer durch die Talebene eines kleinen Flusses, dessen Wasser viele tausend Kilometer weiter einmal an der Mündung des Amazonas in den Atlantik fliessen würde. Ich ging immer weiter die Strasse entlang und trampte absichtlich nicht. Ich fragte mich, wann der erste Wagen freiwillig anhalten würde. Aber es war sehr wenig Verkehr, nur ein paar Busse.
Leider hielt sich das Wetter wie gestern wieder nicht und es begann von Zeit zu Zeit zu regnen. Eigentlich schade. Am Mittag bekam ich kaum mit, dass ich schon in Cajabamba war. Drei Kinder sprachen mich an, als ich fast schon aus dem Ort wieder rausgelaufen war.
- Wo willst denn du hin?
- Wohin? Naja, halt die Strasse hier weiter, diese Richtung, Cuenca.
- Was, nach Cuenca? Zu Fuss willst du dahin?
- Ja, zu Fuss, klar.
- Mann, das geht nicht, du kannst nicht zu Fuss nach Cuenca gehn, das ist ja total weit, das ist ja - lejote*!
Ich sollte lieber den Bus nehmen, meinten sie.
- Ja, Mann, klar ist das weit, das sind ja noch fast zweihundert Kilometer, aber was hab ich denn davon, wenn ich den Bus nehm?
Dann würde ich mir in Cuenca ein Eis kaufen und wieder aus der Stadt rauslaufen können, in Cuenca erwartete mich doch nichts.
- Aus Alemania bist du?
Sie wussten, dass das in Europa lag.
- Wieso bist du denn von zuhause weg?
- Ich bin doch nicht weg.
Heute war ich hier zuhause, genau hier auf der Carretera Panamericana.
- Du musst nach Guayaquil, und von dort nach Quito, und von dort mit dem Flugzeug nach Alemania.

Na, also da wusste ich wirklich was Besseres. Auf dem nächsten altiplano** holten mich die Regenwolken fast ein, aber ich war wieder schneller. Danach gaben sie es auf. Bald würde es sechs werden, vielleicht würde ja wieder wie gestern einer anhalten und mich bei sich im Haus schlafen lassen. Dass es in der Nacht trocken blieb, glaubte ich nicht im Ernst.
Colta erreichte ich am Nachmittag. Es waren nur wenige Häuser an der Strasse. Ein Lkw hielt hinter Colta an und nahm mich mit. Leider einer meiner kürzesten Tramps seit Virginia, denn er bog nach vierhundert Metern die grosse Strasse nach Westen ab, um nach Guayaquil zu fahren. Guayaquil war die zweite Millionenstadt in Ecuador. Nein, das musste nicht sein. Ich fand die Anden so schön und das Wetter hielt sich. Zumindest noch. Es war schön, an dieser Strasse entlangzulaufen.
Die Strasse folgte einem kleinen Tal, ein Bach kam dazu, immer wieder ein paar Häuser, das fruchtbare Vulkanland war hier überall bewirtschaftet.

Ja, - der hielt an. Sie waren zu viert. Geschlossener Pick-up.
- Wo willst du hin?
- Auch die Richtung, weiter-
- Wohin? Alausí?
- Ja, wos halt hingeht, Cuenca. Und ihr?
- Was? Nach Cuenca?! Wir fahren nur ein Stückchen. Wenn du nach Cuenca willst, musst du den Bus nehmen, den von Patria. Cuenca ist weit.
- Heute werde ich nicht mehr nach Cuenca kommen, das ist klar. Aber wenn ihr mich n Stückchen mitnehmt, das wär doch gut!
- Cuenca, das ist weit. Nein, das beste ist, du wartest auf den von Patria, der kommt hier vorbei, der ist viel schneller.
Hm.
- Ja, ist okay.
Ich liess sie wieder davonfahren. Es war das erste Mal, dass ich mir einen Tramp entgehen liess. Und ich fühlte mich total gut dabei. Dann lieber zu Fuss. Sie hatten es gar nicht verdient, in meinem Tagebuch als Tramp zweihundertundsieben zu erscheinen.
Ich lief weiter, und das Wetter hielt sich mühevoll zurück. Grüne Täler, hohe Berghänge. Ecuador war ein sehr freundliches Land. Es tat gut, durch ein Land zu kommen, in dem ausnahmsweise einmal kein Bürgerkrieg war. Vielleicht sollte ich nicht mehr sagen Cuenca, wenn sie mich fragten, wo ich hinwollte. Andererseits, warum fragten sie es überhaupt?
Die Erde war ganz dunkel, fruchtbarer Vulkanboden. Ich war mitten in Ecuador. Die Hälfte des Landes hatte ich schon auf meinem Weg nach Süden durchquert.

Und dann hielt ein Bus neben mir an. Die Busse waren hier alle ein bisschen kleiner als in Europa. Sahen ganz lustig aus.
- Wo willst denn du hin?
- Na, da lang halt-
- Hopp, steig ein!
Na, wenn ers mir schon anbot.
Der Bus fuhr ein paar Kilometer das Tal entlang. Ich wusste gar nicht, wie mir geschah. Es war ein Dorfbus, kein Überlandbus. Hinter den verschwitzten Fensterscheiben sassen vielleicht acht oder zehn Einheimische, die sich interessiert mit mir unterhielten. Irgendeiner musste den Fahrer angewiesen haben anzuhalten. Ich war zunächst ein wenig misstrauisch, wie immer, aber es waren nette Leute vom Land, Indianer. Sie unterhielten sich untereinander in Quichua. Sie waren beeindruckt als ich sagte, ich war heute früh von Riobamba losgewandert.
Der hier ist nett, meinten drei oder vier, die auf den vorderen Sitzen sassen und zu einem vielleicht vierzigjährigen kleinen, hageren Mann in der dritten Reihe zeigten, der hat dir die Fahrt spendiert.
Oh, das war wirklich nett, ich bedankte mich bei ihm. Muchas gracias. Schade, dass ich nicht wusste, was danke auf Quichua hiess. Kein Problem, wehrte er bescheiden ab. Nach fünf Kilometern hielt der Bus wieder an und er stieg aus. Er fragte mich, ob ich mit aussteigen wollte. Ich blickte fragend in die Runde. Die anderen drei oder vier aus den vorderen Reihen, mit denen ich mich bis dahin angeregt unterhalten hatte, lächelten.
- Ja, der ist nett, mit dem kannst du ruhig mitgehen, der ist wirklich nett, du musst keine Angst haben! Mach das, schnell, steig mit ihm aus, dem kannst du vertrauen!
Okay, ich nahm meinen Rucksack und stieg mit aus. Der kleine Bus fuhr davon.



* Spanisch lejos = weit, lejote ist eine Steigerungsform von lejos, ultraweit.
** Hochebene.

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Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

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Erloschener Vulkan Chimborazo, höchster Berg Ecuadors und mit 6310 m der Punkt der Erde, der am weitesten vom Erdmittelpunkt entfernt ist. Blick von Mancheno, also von Süden, 1988. In der Bildmitte die Panamericana.

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
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