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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

33 - Caballuno - Pferdefleisch - eine Estancia in Feuerland

Seite:

 

05

Kapitel in Band 1:

Kapitel in Band 2:

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Ich träumte davon, einmal mit dem Pferd zum Strand zu reiten. Etwa zwei Stunden von der Estancia war der lange Sandstrand, von dem ein vielleicht zehn Kilometer langes Stück zur Estancia Sara gehörte. Mit Wirbelknochen von Walen, die so gross waren, dass sie als Hocker benutzt wurden. Ich fragte Jonathan, ob ich einmal mit dem Pferd zum Strand reiten durfte.
- Kannst du denn reiten?
- Äh, ja.
- Bist du schonmal geritten?
- Ja, natürlich.
Es war klar, dass der Chef der Arbeiter weder Zeit noch Lust hatte, Reitunterricht zu geben, und wenn ich jetzt nein gesagt hätte, der Traum vom Reiten ganz schnell zuende gewesen wäre. Ganz gelogen hatte ich nicht, denn in Mexico hatte mich der kleine Junge in Benito Juárez ja auf seinem Pferd mitgenommen. Oder Maultier. Jonathan war also prinzipiell einverstanden. Es gab nur noch eine Hürde.
- Aber heute nicht, heute ist Montag, und da haben alle Pferde frei.
Am nächsten Morgen ging er mit mir in den Stall, suchte eine besonders liebe Stute aus, sattelte sie und brachte die Leinen an. Dann gab er mir noch ein paar Anweisungen, wann ich zurück sein sollte und wohin ich nicht reiten durfte, führte die Stute nach draussen und half mir auf den Sattel des grossen braunen Pferdes.
- Okay, du kommst klar?
- Ja, danke! Bis heute Abend!
Ich war sehr froh, als er um die Ecke verschwunden war. Das einzige Problem, das ich jetzt noch hatte, war, dass ich absolut keine Ahnung vom Reiten hatte. Da sass ich nun auf diesem grossen Pferd und streichelte erst einmal den Hals und die wuschelige Mähne des Tieres. Ich fand das Pferd süss und wollte erstmal sein Vertrauen gewinnen. Mal sehen, ob es loslaufen würde. Irgendwie musste der Befehl gehen. Hü!
Keine Reaktion. Ri! Kechua konnte es auch nicht. Schieben am Hals funktionierte auch nicht. Reiten schien komplizierter zu sein als es immer aussah. Ziehen an der Leine hatte einige unkontrollierte Bewegungen zur Folge - ich beruhigte das Pferd sofort wieder indem ich es am Hals streichelte und ihm gut zuredete. Auch Klopfen auf dem Sattel brachte nichts.
Hallo Pferdchen, bitte loslaufen! Ich erzählte dem Pferd ein bisschen auf Deutsch, dass ich gerne losreiten würde und dass es vielleicht ausnahmsweise auch mal gehen würde, wenn einer die Befehle nicht wusste. Die deutsche Sprache war dazu erfunden worden, mit den Pferden zu sprechen, aber viel half das nicht. Einer der chilenischen Arbeiter kam vorbei und sah mich fragend an.
- Und wie funktioniert das Pferd jetzt? Ich mein, wie läuft das denn los? Und wie bremst man dann wieder?
- Kannst du nicht reiten?
- Doch, aber ich will nur testen ob du das kannst - komm, jetzt sag mal, wie macht ihr denn das?
- Wie bist du denn da auf das Pferd gekommen?
- Hat mir Jonathan bei geholfen.
- Obwohl du nicht reiten kannst?!
- Doch, ich kann schon reiten- jetzt sag schon, wie geht das denn hier?
- Ach so, du kannst nur europäische Pferde reiten - haha, diese hier funktionieren anders! Das sind hier echte Gaucho-Pferde!
- Ja genau, bei diesen ist das anders. Wie geht das denn bei den patagonischen Pferden?
In wenigen Worten hatte er mir erklärt, wie Lenkung und Bremsen bei einem Pferd funktionierten. Komische Ideen hatte ich. Ohne jemals auf einem Pferd gesessen zu haben, hatte ich vor, kilometerweit alleine über das Land zu reiten. Und niemand durfte das merken. Und das Pferd? Ich machte mir nichts vor und war überzeugt, dass die Stute genau wusste, dass ich kein professioneller Reiter war. Ich wusste, dass Pferde Anfänger nicht ernst nahmen.
Ich drückte leicht mit den Füssen an den Bauch des Tieres und es lief wie versprochen tatsächlich los. Als allererstes probierte ich die Bremse aus. Zügel leicht anziehen. Okay, funktionierte. Glück gehabt. Als nächstes die Lenkung. Kurve links, linker Fuss gegen den Bauch drücken- okay, Kurve rechts - ging auch. Nochmal dasselbe. Dann hörte ich mit den Tests auf, sonst wären meine merkwürdigen Manöver den Arbeitern am Scherstall doch noch aufgefallen.
Ich ritt langsam aus dem Gatter und in sicherer Entfernung an den Arbeitern vorbei. Mein Pferdchen war ganz lieb und trottelte immer genau da hin, wohin ich es steuerte. Zunächst unauffällig möglichst weit weg von der Estancia und von irgendwelchen Leuten. Das Pferd wunderte sich zwar, wohin ich es steuerte, machte aber alle Kurven brav mit.
Ein paar Hügel hoch und wieder runter, dann über die Schotterpiste der Panamericana und immer weiter über das weite grasbewachsene Land nach Westen. Zum ersten Mal ein Pferd zu reiten war ein eigenartiges Gefühl. Für wie viele Generationen vor mir hatte das Pferd das einzige Fortbewegungsmittel bedeutet? Ich kam mir vor wie ein paar Jahrhunderte zurückversetzt. Ein Gefühl von Geschichte. Es war ein sehr sinnliches Erlebnis.
Alle Schafe, die ich sah, flüchteten schon aus grosser Entfernung. Die Schafe kannten die Pferde nur im Zusammenhang mit den Gauchos, die, wenn sie auf ihren Pferden auftauchten, die Aufgabe hatten, die Schafe zu bestimmten Stellen zu treiben.
Nach ein paar Kilometern über das einsame Land wurde das Pferd sicherer und begann schneller zu laufen. Ich fühlte mich dabei ein bisschen unbehaglich und versuchte zu bremsen. Aber das Pferdchen schien viel besser zu wissen, wo es hinwollte, liess sich nicht mehr so einfach bremsen und trabte immer schneller über die sanften Grashügel, bis es schliesslich in einen ziemlich rasanten Galopp fiel. Schien dem Pferd richtig Spass zu machen.
Die Grasbüschel flogen unter mir vorbei. Und wenn ich jetzt runterfiel? Wie schnell waren wir? Mist, ich hatte den Chilenen vergessen zu fragen, wo der Tacho war! Und der Sicherheitsgurt! Im Sattel konnte ich nicht sitzenbleiben, ich wurde total durchgeschüttelt.
Ich wagte auch nicht zu bremsen - vielleicht würde mich das Pferd dann wütend abwerfen? Es war deutlich, dass das Pferd von sich aus so schnell galoppieren wollte. Ich hatte gar keinen Befehl gegeben und die arbeitsfaulen Stiere in Ecuador hatten spätestens nach hundert Metern angehalten, wenn ich nicht ständig den Marschbefehl wiederholte.
Ich stellte mich halb in den Steigbügel, hielt mich halb nach vorne gebeugt am Sattelknauf fest und war froh, als irgendwann vor uns das verschlossene Tor im Zaun auftauchte. Das ganze Land war von Schafszäunen durchzogen, die die riesigen Flächen für die einzelnen Herden begrenzten. In einem Gebiet befanden sich nur die vierjährigen weiblichen Schafe mit roter Linie, im anderen die männlichen zweijährigen nichtkastrierten mit blauem Punkt und so weiter. Die Farbsprays schadeten der Wolle nicht. Auf dieses Tor war das Pferd zugelaufen und hielt nun an, damit ich absteigen und es öffnen konnte. Nicht ohne das Pferd zunächst angebunden zu haben, damit es nicht davonlief, während ich das Tor öffnete. Dann liess sich das Pferd brav durch das Tor führen und sich auf der anderen Seite wieder anbinden. Es versuchte nicht auszureissen. Vielmehr schien es zu wissen, was gleich folgte.
Denn ein paar Meter weiter waren wir schliesslich am Sandstrand, der sich nach Süden bis zur Grenze der nächsten Estancia erstreckte. Im Galopp über den Strand. Wie der Schimmelreiter flog ich auf meinem Pferd an den grossen Meeresschnecken und riesigen Walknochen vorbei. Genau davon hatte ich geträumt. Einmal wie im Film an diesem Strand entlangzureiten. Auch dem Pferd machte es richtig Spass. Wir ritten noch einmal zurück und wieder vor.

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Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

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www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Estancia Sara in Argentinisch-Feuerland, 80 km nördlich von Río Grande an der Panamericana gelegen. Das einzige Foto, das von mir in Südamerika gemacht wurde.

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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