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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

34 - Inspektor im Ausnahmezustand - Río Grande, Feuerland

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08

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Das Wasser auf den Strassen ist schon wieder zu Glatteis gefroren. Ich stehe auf der Belgrano und geniesse für einige Momente diesen unbeschreiblich schönen Himmel über Feuerland, heute ist es wieder einmal wie aus dem Geo-Magazin. Mit den ganzen bizarren, bald orange, rot, violett und sogar grün gefärbten Cirrus-Wolken ganz hoch über uns... und der Himmel hat auch ganz exotische Farben, komplementär zu den teils sogar von unten von der Sonne angeleuchteten Wolken. Ein Naturschauspiel, dass sich hier jeden Abend wiederholt.
Was mache ich jetzt noch? Soll ich zuerst zu Omar in die
Chacra 2, oder zur Casa de Financias wegen Julio Leite? Bei beiden habe ich eine kleine Chance, da übernachten zu können. Ich muss aufs Klo, das spricht erstmal für die Casa de Cultura.

Mist, muss mich ausgerechnet die Sekretärin da erwischen. Na, was solls. Ich habe es wenigstens noch geschickt überspielt und nochmal bestätigt bekommen, dass da um fünf tatsächlich eine Auszahlung ist. Es ist schon halb fünf, also geh ich rüber und warte im warmen Foyer der
Casa de Financias.
Diese Auszahlungen müssen sie wirklich alle paar Tage ansetzen, immer in bar, weil doch die Inflation so hoch ist. Das Geld hält zur Zeit etwa drei Tage bis eine knappe Woche, bevor es wieder im Wert sinkt. Holzhacken waren sie übrigens, weil die, die die Erdgas- und Wasserversorgung instandhalten sollen, auch streiken, und auf der anderen Seite vom Fluss haben sie kein Gas mehr. Die Wirtschaftskrise hat einen neuen Tiefstand erreicht. Auch die Wasserversorgung wird immer kritischer. Bei der Kälte brechen die Rohre.
Das Foyer beginnt sich langsam zu füllen. Mein Job ist es hier zunächst, überall möglichst laut rumzuerzählen, dass ich Julio Leite suche und dass ich den nicht kenne. Und es stimmt tatsächlich, Julio Leite scheint hier bekannt wie ein bunter Hund zu sein - jeder will ihn mir genauer beschreiben. So, ab jetzt dürfte sichs von alleine weiter rumsprechen, ich setze mich mit einer druckfrischen Zeitung zu ein paar Leuten auf die Treppe. Tatsächlich, es gibt noch Zeitungen.

Gelangweilt lese ich die Titelmeldung - Regierung kündigt estado de sitio an - überfliege die anderen Überschriften... sinniere noch ein bisschen über die Titelzeile nach... was heisst eigentlich
estado de sitio... - und plötzlich bin ich hellwach.
Was, die spinnen wohl, die wollen den Ausnahmezustand verhängen! Das ist ja das Letzte! Wie war das jetzt noch, es gibt
estado de sitio und estado de guerra, Ausnahmezustand und Kriegszustand. Wo die Unterschiede sind, weiss ich auch nicht, hängt wohl nur mit der Mobilisierung zusammen. Es bedeutet in jedem Fall, dass die gewählten Politiker die Macht freiwillig wieder an die Militärs abgeben und die Bürgerrechte massiv eingeschränkt werden, wie zu Zeiten der Militärdiktatur.
Paar Supermärkte haben sie geplündert, in einigen nordargentinischen Städten. In Buenos Aires nicht. Die Inflation wird inzwischen tagesweise angegeben - gestern zwölf Prozent, vorgestern acht. Innerhalb von einer Woche ist der Geldwert auf die Hälfte gesunken.
Ein paar Leute kommen zu mir auf die Treppe, sie haben ein Radio dabei, und versuchen, einen Sender reinzukriegen. Sie sind ziemlich aufgeregt, diskutieren, sind auf einmal aber ganz still und hören zwei Minuten dem Radio zu.
Tatsächlich, sie haben vor einer Stunde den
estado de sitio verhängt, landesweit. Einer regt sich besonders darüber auf.
"Bloss weil sie in Rosario und Córdoba ein paar dumme Supermärkte geplündert haben, wird landesweit der
estado de sitio verhängt! Die ham sie doch nicht mehr alle! Unsere Politiker, che, das ist doch nichts als ein Haufen Schwachköpfe, die sind doch alle unfähig, man sollte sie alle zusammenpacken und auf den Mond schiessen!"
"
Che, nicht so laut, hinter dir steht der Bürgermeister", meint einer lächelnd.
"Der kann das ruhig hören!"
"Warum soll ich das nicht hören? Er hat doch recht."
"Nun ja - "
"Wir sind doch ein freies Land, hier kann doch jeder laut sagen, was er denkt. Mich kann er ja damit nicht meinen. Ich hab ja nichts zu sagen hier."
Oh, Respekt.
"Wieso verhängen sie den Ausnahmezustand? Ist das wirklich so gefährlich hier?", frage ich einen.
"Ja, merkst du das denn nicht? Du brauchst doch nur auf die Strasse zu gehen, da ballern sie doch rum wie die Cowboys!"
"
Che, der kann das nicht wissen, der ist Ausländer."
"Ach so."
"Der sucht Julio Leite, deswegen ist der hier."
"Was heisst denn das jetzt genau für uns,
estado de sitio?"
"Sonderrechte für die Militärs. Das heisst, dass alle ab zehn im Bett sein müssen. Ausgangssperre. Wer dann noch auf der Strasse ist, kann erschossen werden."
"Und warum haben sie die Supermärkte geplündert?"
"Na, weil sie alle arbeitslos geworden sind, und weil sie kein Arbeitslosengeld und nichts hier kriegen, und die Banken kommen mit den Zinsen natürlich auch nicht mit der Inflation mit. Was sollen die denn anderes machen, als die Supermärkte zu plündern?"
"Und hier in Feuerland, ist es also nicht gefährlich jetzt?"
"Naja, man kann es nie wissen -"
"Ach, der grösste Schwachsinn ist das! Südlich von Chubut passiert doch nie was! Das ist nur Schikane hier. Quatsch, hier in Feuerland wird nichts passieren, das ist vollkommen ruhig hier. Da brauchst du keine Angst zu haben. Trotzdem solltest du dich nach elf nicht mehr auf der Strasse blicken lassen."
"Offiziell ist es glaub ich schon ab zehn, aber hier machen sie's ab elf. Du kannst ja nie wissen, wo hier irgendwelche besoffenen Militärs rumfahren..."
Chubut ist eine Provinz tausend Kilometer weiter nördlich. Der Bürgermeister hat deswegen nichts zu sagen, weil Feuerland kein gleichberechtigtes argentinisches Gebiet ist, sondern Militärterritorium und die Verwaltung direkt den Militärs untersteht. Die Wahlplakate von Menem fordern, hier eine Provinz zu schaffen*.
Julio Leite kommt auf mich zu und erwähnt, dass ihm mindestens acht Leute gesagt haben, dass ich ihn suche. Ein kleiner, lieber Dichter, mit Halbglatze, der mit seiner Insel verbunden ist. Er ist mir auf den ersten Blick sympatisch.

* Wurde auch durchgesetzt, nach der Machtübernahme 1989.

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Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

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www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Selbstgezeichneter Stadtplan von Río Grande, Feuerland. Alles war quadratisch angeordnet in argentinischen Städten, und die Strassennamen waren immer dieselben. Man wusste nur vorher nicht, wo man Belgrano, San Martín oder Rivadavia hinschreiben musste.

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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