Schlüsselwörter dieser Seite:     Argentinien 1989 Postkarte Bild Epuyén Stadtviertel Belgrano Buenos Aires

 

 

 

Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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35 - El pero del sábado - ein Lächeln in Buenos Aires

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06

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In ihrer Freizeit ging Estela öfter auf Parties, nahm mich mit und brachte mit ihrem Gast aus Deutschland einen Hauch von Exotik in ihren Freundeskreis. Ich wollte ihre Freundinnen und Freunde nicht umarmen und küssen, die es locker sahen und schon wussten, dass die Leute in Deutschland sich etwas distanzierter begrüssten. Sie liehen mir Wasserfarben aus und ich besorgte mir etwas Papier, denn ich hatte mir vorgenommen, Bilder zu malen.
Es ging ganz gut, auch wenn die Lichtverhältnisse in Estelas Wohnung schlecht waren. Während Estela tagsüber arbeitete, malte ich ein paar ausdrucksvolle Bilder von feuerfarbenen Sonnenuntergängen vor filigranen Ästen herbstlich-kahler Bäume und weiten Ebenen. Estela war begeistert. Ich sagte ihr nicht, dass ich in Wirklichkeit nur wenige Minuten für diese Bilder gebraucht und meine Zeit eigentlich damit zugebracht hatte, ein viel grösseres Bild mit dem Motiv der stimmungsvollen Landschaft ihrer Postkarte zu malen. Jeden Abend, kurz bevor sie kam, schob ich das eindrucksvolle Bild mit dem Nebel, der sich sanft ins Tal zwischen die blaugrünen Berge bei Epuyén gelegt hatte, wieder unauffällig unter ihr Bett.
Auch in Buenos Aires gab es keine Zukunft und es näherte sich unweigerlich der Tag, an dem ich weitertrampen würde. Ich hoffte, ich würde das Bild von Epuyén noch fertigbekommen, bevor sie mich darauf ansprechen würde.

Die schönste Szene erlebte ich wenige Tage bevor das Bild fertig war. Zwei Freunde hatten sie besucht und sprachen sie auf die Postkarte an ihrer Wand an. Und noch einmal beschrieb sie in wunderschönen Worten ihre Gefühle, die sie mit dieser Landschaft verband und wie sehr sie sich wünschte, dass das Bild grösser wäre. Vollkommen unbeabsichtigt machte sie damit nicht nur deutlich, dass sie überhaupt keinen Verdacht schöpfte, sondern auch, wie sehr sie sich über so ein Bild freuen würde.
Ich hatte unterschätzt, wie lange ich für das Bild brauchen würde. Einen Tag zu lange, stellte sich am Ende heraus. Eines Morgens sprach sie die unausweichliche Frage an, wann ich wieder gehen würde.
Heute abend, wenn sie damit einverstanden sei, antwortete ich ohne zu zögern. Irgendeine Ausrede hatte ich mir spontan überlegt, warum ich erst am Abend weg konnte.
Ich war enttäuscht. Sie musste tatsächlich gedacht haben, ich hätte mir selbst keine Gedanken darüber gemacht, wann ich nach Brasilien los wollte. In diesem Moment war ich einfach nur traurig, dass sie so wenig Vertrauen in mich hatte, und dass sie mich tatsächlich so einschätzte, ich würde sie ausnutzen. Wenn sie noch einen Tag gewartet hätte, hätte ich ihr das Bild am Abend gezeigt und sie hätte gesehen, mit was ich mich die ganzen Tage in ihrer Wohnung beschäftigt hatte. Und ich hätte ihre Augen sehen können. Nun war das vorbei, ein solcher Augenblick stünde unter einem schlechten Stern. Ich überlegte kurz, ob ich ihr das Bild überhaupt schenken oder lieber mitnehmen sollte, liess diesen Gedanken aber glücklicherweise wieder fallen. Ich brauchte noch einen ganzen Tag, um das Gemälde fertigzustellen. Und das würde ich auch tun.
Ich konnte jederzeit auch bei Willy Moral übernachten*. Wir verabredeten uns so, dass ich in dem Moment das Haus verlassen würde, wenn sie nach Hause kam. Dann ging sie aus dem Haus und ich malte das grosse Bild zuende. Auf den Rand schrieb ich ihr ein paar Zeilen auf Kechua. Ich hatte ihr erzählt, dass ich Kechua sprach und wir hatten überlegt, wie man hier Leute finden konnte, die Kechua sprachen. In der peruanischen Botschaft vielleicht, hatte ich vorgeschlagen.

Pani, maimanta shamungui cashca yachangui - maipi cangui cashca yachashangui. Chaillamanta.
Schwester, du weisst, woher du kommst - und so wirst du wissen, wohin du gehst.

Um kurz vor zehn kam sie nach Hause und klingelte. Sie hatte nur einen Schlüssel, den sie mir tagsüber überlassen hatte. Das grosse Bild von Epuyén hatte ich zu meiner Zufriedenheit ausgezeichnet hinbekommen und an der grossen weissen Wand gegenüber der Wohnungstüre angebracht, perfekt ausgeleuchtet mit ihren Lampen. Kerzen hatte sie gemocht. Ich zündete zwei an und stellte sie feierlich auf den Tisch.
Dann nahm ich meine Sachen, ging nach unten und gab ihr den Schlüssel. Ein paar Dinge waren noch zu besprechen.
- Roberto hat angerufen, Roxana hat angerufen. Sie rufen dich zurück.
Te llaman pa'tras. Argentinisches Spanisch war wirklich eine schöne Sprache. Paula und Horacios Pinsel und Farben waren in der grossen Tüte, auf der Cuori stand, was italienisch war und Herzen hiess, corazones. Sie sagte, sie wollte mir schreiben. Ich war überrascht. Sie wollte nicht einmal wissen, wo ich heute übernachtete - warum wollte sie mir schreiben? Ich sollte ihr eine Adresse aus Brasilien schreiben. Damit sie mir schreiben könne. Auf Deutsch oder Portugiesisch, meinte ich lächelnd.
- Ja, oder auf Spanisch.
Das war streng. Vielleicht wollte sie sich wirklich die Mühe machen und mir schreiben, was ich hier falsch gemacht hatte und wo ich hätte sensibler sein können. Aber wenn sie sich etwas überlegt hatte, was sie mir schreiben wollte - würde sie diese strengen Gedanken nicht wieder in Zweifel ziehen, wenn sie das fertige Bild von Epuyén sehen würde? Ich tat so, als hätte ich nichts herausgehört.
- Oder in Kechua. Dann kannst du dir das in der peruanischen Botschaft übersetzen lassen. Dir scheint du wirst Kechua nicht brauchen? Die Dinge sind nicht immer so wie sie scheinen.
Sie gab mir einen Kuss zum Abschied. Ich war überrascht, weil es offenbar ehrlich gemeint war. Ich bedankte mich stilvoll mit einem Menem-Plakat, das sie lächelnd entgegennahm und, dafür war es ja auch gedacht, wahrscheinlich ebenso lächelnd im nächsten Papierkorb im Treppenhaus entsorgte.
Als sie im Treppenhaus verschwunden war, ging ich los in Richtung der Avenida Cabildo. Vier Minuten waren es bis zur O'Higgins, in der Willy Moral wohnte. Ich war so dankbar für diese stilvolle Abschiedsszene vor einem Wohnhaus auf dem Bürgersteig der Blanco Encalada im Stadtviertel Belgrano, Buenos Aires.

Wie mag sie reagiert haben, als sie das Bild sah? Ob sie es behalten hat? Die Worte in den gepinselten Buchstaben der fremden Sprache, die sie las, mussten unzweifelhaft Kechua sein. Vielleicht war sie froh, dass sie sie nicht verstand. Ob sie sich vorstellen konnte, dass ich achtundzwanzig Stunden an diesem Bild gesessen hatte? Bei ihrer Musik von Tracy Chapman, die ich immer wieder von vorne gehört hatte. Die Dinge waren vielleicht wirklich nicht immer so, wie sie schienen.
Ohne mich umzudrehen, überquerte ich die Ampel der Avenida Cabildo und ging geradeaus weiter. Als ich links in die O'Higgins bog, schaute ich noch einmal zurück.
In der Blanco Encalada war niemand zu sehen.

In Willy Morals Wohnung ging es erfrischend chaotisch zu, worüber ich sehr erleichtert war. Übernachten war hier überhaupt kein Problem. Willy hatte ausserdem einen genauen Stadtplan. Perón Ecke Italia gab es doch, und Estela und ich hätten die Adresse auch beinahe gefunden. Ich überliess ihm einige Pullover und Wintersachen, die ich nun nicht mehr brauchen würde, legte mich erschöpft in meinen Schlafsack und träumte in dieser Nacht, eines Tages würde ich wieder zurück nach Buenos Aires kommen.

* Sie wusste nicht, wo Willy Moral wohnte.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

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Landschaft bei Epuyén in der argentinischen Provinz Neuquén, mit Wasserfarben gemalt und mit einem Spruch auf Quichua versehen.

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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