Schlüsselwörter dieser Seite:     Brasilien 1989 posto Ipiranga Tankstelle Motel Zweibettzimmer Hitze Moskitos

 

 

 

Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

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36 - Truck-Tramp 399 - über Paraguay nach Brasilien

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09

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Ipiranga war der Name eines posto. Ein posto war in den mittelamerikanischen Halb-Diktaturen ein Kontrollposten der Militärs. In Brasilien war posto das Wort für Tankstelle. Die Tankstellen an den Überlandstrassen waren meist gleich mit jeder Menge Versorgungseinrichtungen verbunden, Service-Werkstätten mit Ersatzteilen für Mercedes-Trucks, Aufenthaltsraum, Verkaufsshops, Restaurants und oft auch einem Motel. So auch am Posto Ipiranga.
- Ich hab keine Lust mehr heute. Morgen gehts weiter.
Der alte Knacker wirkte so fertig, als wäre er schon von Argentinien gekommen. Daher wunderte es mich, dass er das Land nicht kannte. Bei einem anderen posto zwanzig Kilometer vorher hatte er mir gesagt, er fahre nach Salvador.
Und mich gefragt ob ich nicht pissen wollte. Als ich im Männerklo mir das Atlantiksalz aus dem Gesicht gewaschen hatte und er daneben an den Pissoirs stand. Ich kannte die portugiesische Vokabel dafür gar nicht und er hatte die Frage drei-viermal wiederholen müssen.

Vor dem Parkplatz des Posto Ipiranga war eine Art überdachte Laderampe vor dem Hotel, hier könnte ich mich hinlegen. Aber zu der Überlegung kam ich fast gar nicht, weil er gleich meinte, ich sollte auch im Motel übernachten.
Nein, meinte ich, ich wollte lieber irgendwo hier draussen übernachten. Das war in Brasilien nicht ungewöhnlich - wahrscheinlich übernachtete die Hälfte der Einwohner der Millionenstädte auf der Strasse. Aber ich war Europäer und Kriminelle wussten durchaus, was der Unterschied zwischen einem einheimischen Typen von der Strasse und jemandem wie mir war. Brasilien hatte nachts an vielen Orten ein Flair wie in Medellín. Und hier?
Er liess nicht locker. Oh nein, nicht schon wieder. Nicht wieder so eine Nacht mit einem Typen im Motel. Wenn ich nur wüsste, wie gefährlich es hier war, draussen zu übernachten.
- Du kannst deine Sachen in der Kabine lassen, wir fahren morgen früh gleich weiter.
Den Rucksack nahm ich trotzdem mit, liess aber den Schlafsack im Lkw. Sofort wusste ich, dass das ein Riesenfehler war.
Sehr ungerne ging ich mit ihm auf das Zweibettzimmer. Es hatte ausserdem keine Moskitonetze. Obwohl es geregnet hatte, war es sehr schwül, mehr als dreissig Grad.
Noch schneller als ich befürchtet hatte und noch direkter als der Argentinier machte er mir klar, was er heute Nacht von mir wollte. Ich ging trotzdem unter die Dusche - die Nacht würde sowieso schlimm werden, duschen machte es auch nicht schlimmer. Wenigstens kam er nicht ins Bad, das sich nicht einmal abschliessen liess.
Wie der Argentinier lag er nackt auf dem Bett - und wie in Argentinien war das auch hier ein eindeutiges Zeichen. Brasilien war absolut prüde - nicht mal am Strand zog sich einer ohne Handtuch um. Als er unter die Dusche ging, hatte ich noch ein paar Minuten Ruhe und legte mich unter das Tuch, das hier als Bettlaken diente.
Mich schlafen zu sehen war absolut nicht nach seinem Geschmack. Als er von der Dusche kam, weckte er mich sofort auf. Damit war die Nacht dann gelaufen.

Er machte den Vorschlag, ins Restaurant zu gehen. Ich entschloss mich, ihm einfach mit direkten Worten zu sagen, dass mit mir nichts laufen würde - und zwar mit dermassen direkten Worten, dass sogar er selbst für einige Momente richtig konsterniert wirkte. Ich wusste genau, dass es in Brasilien absolut unüblich war, über Geschlechtsverkehr direkt zu sprechen, was ich darin bestätigt sah, dass er dreimal schlucken musste, bevor er sich mit einer kläglichen Antwort versuchte, aber warum denn nicht?
Immerhin, er hatte auch verstanden. Und ich sorgte auch dafür, dass er verstand, dass er mich zwar mit meisterhafter Kunst überreden konnte, mir Hotel und Essen zu spendieren - dass er mir dazu aber versprechen musste, in der Nacht nichts von mir zu wollen. Es dauerte lange, bis er tatsächlich zugab, dass er das verstanden hatte.
Das Restaurant war einfach. Das Bestellen auch.
- Pe efe.
Pe efe hiess P. F. und war die Abkürzung für prato feito, zubereiteter Teller, das Tagesgericht in allen postos. Reis, farinha, schwarze Bohnen, ein bisschen Fleisch und Sosse, manchmal auch etwas Salat. Farinha war grobes Mehl aus Maniok. Die brasilianische Küche kam aus Afrika.
Noch einmal wies ich ihn auf die Abmachung von eben hin. Die Reaktion war eindeutig. Wie vom Blitz getroffen, drehte er sich um und vergewisserte sich, dass niemand das, was ich halblaut gesagt hatte, verstanden hatte. Ich war gar nicht so schlecht gewesen. Ich wusste genauso gut wie er, dass es für ihn offenbar gefährlich war, wenn die Öffentlichkeit davon erfuhr, was er vorhatte.
Mit gedämpfter Stimme kam seine prompte Reaktion.
- Auf keinen Fall darfst du hier in der Öffentlichkeit so etwas laut sagen!
- Wieso, in Alamanha darf man das ganz offen sagen, Homosexualität ist da überall akzeptiert, hier etwa nicht?
Nochmal dieselbe Reaktion, es war köstlich. Die spanische Vokabel für schwul (maricón) würde in Brasilien sicher nicht verstanden werden, aber wie gut, dass es eine internationale Fachsprache gab. Die hier offenbar auch jeder Nichtwissenschaftler ausgezeichnet verstand.
Ich konnte mir gut vorstellen, dass er keine Lust hatte, seine Gelüste mit irgendwelchen Kriminellen im brasilianischen Knast zu teilen. So wie er tat, schien es tatsächlich möglich zu sein, dass die Sache gesetzlich geregelt war. Ich machte nochmal deutlich, dass ich keine Skrupel hätte, ihn beim Motelpersonal zu verpfeifen.
Als sich welche an unseren Nachbartisch setzten, sah er so schnell wie möglich zu, mit mir auf sein Zimmer zu verschwinden. Es war zu blöd, dass ich den Schlafsack im Lkw gelassen hatte.

Das Zimmer war im zweiten Stock - er hatte das Zimmer von innen abgeschlossen und den Schlüssel eingesteckt.
Es war ein Doppelbett. Der Typ hörte auch nach einer Stunde tatsächlich nicht auf, immer wieder anzufangen, komm schon, zier dich nicht so, ist doch nichts dabei und so weiter. Der Argentinier hatte es nach einer halben Stunde aufgegeben - aber dieser Typ legte plötzlich ein ungeahntes Durchhaltevermögen an den Tag.
Zum Glück waren Spanisch und Portugiesisch, wenn man sich auf diesem Niveau unterhielt, kaum verwandt. So verstand ich wenigstens kaum etwas davon, was er sagte. Brauchte ich auch nicht, denn meine Antwort fiel sowieso immer gleich aus.
Das Miese war, dass er umso mehr Energie aufbrachte, je mehr ich ihn abwies. Ich versuchte es mit allen möglichen unterschiedlich freundlichen Methoden, aber keine schien zu funktionieren. Dass ich müde war, zog in diesem Stadium nicht mehr. Lange inhaltliche Diskussionen über religiöse Fragen gingen zwar eine Zeitlang, aber irgendwann wurde es ihm auch dann zu bunt und er fing wieder an, auf ziemlich plumpe Weise aufdringlich zu werden. Er kam mir trotz seines Alters etwas stärker vor als ich und ich hatte kaum einen Zweifel, dass, wäre ich eine Frau gewesen, er versucht hätte mich zu vergewaltigen. Aber ich war dreiundzwanzig und männlich, davor schien er Respekt zu haben.
Ich könnte das jetzt noch ausführlicher schreiben, aber wir überspringen mal ein paar halbe oder ganze Stunden unerbittliche Diskussionen und setzen in dem Moment wieder ein, wo ich auf die Idee kam, ihm in Aussicht zu stellen, ich könnte es mir überlegen, würde dazu aber erst noch nachdenken müssen.
Diese Methode war gar nicht so schlecht. Aussagen wie wenn du mich nicht in Ruhe lässt, kann ich nicht überlegen, und dann läuft mit mir gar nichts hatten die wundersame Wirkung, dass er sich auf sein Bett legte, minutenlang Ruhe gab und abwartete, bis ich fertig überlegt haben würde. Natürlich nicht sofort, sondern nachdem ich es ihm zweimal in allen Einzelheiten genau erklärt hatte. Aber immerhin.

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Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

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Itaúnas am Atlantik, Espíritu Santo, Brasilien.

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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