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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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36 - Truck-Tramp 399 - über Paraguay nach Brasilien

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Vielleicht gab es generell einen Effekt, dass Frauen in solchen Situationen irgendwann anfingen zu überlegen, ob sie sich nicht einiges ersparen könnten, wenn sie so einem Typen nicht einfach einen runterholen könnten und dann ihre Ruhe hätten. Natürlich wäre Lina absolut dagegen. Zumindest eines hatte ich mit Lina gemeinsam: den Tonfall des Wortes, das ich nun schon seit Stunden im Kopf hatte. Männer.
Es gehört also zu den Momenten in meiner Geschichte, auf die ich wenig stolz bin, dass ich mir nun überlegte, ob ich mich darauf einlassen sollte oder nicht. Eine typische Ja/nein-Frage, wie ich feststellte, die einfach mit einer Münze zu beantworten wäre. Allerdings mit einer Tragweite, die die einer Ja/nein-Frage übertraf. Ich holte unschlüssig mein erstes Tagebuch aus dem Rucksack und schlug irgendeine Seite auf. Seite 102.
In den erstaunlich vielen Minuten, die der Typ mich nun in Ruhe überlegen liess, formulierte ich auf einem kleinen Zettel in meiner Kurzschrift ein Gebet, das die Gedanken und Fragen zusammenfasste, die ich mir in diesem Moment stellte. Eine Antwort auf Seite 102. Eine der Fragen, die auf diesem Zettel standen, war Bleibe ich Viktoria treu und ist das gut?
Dann las ich mir durch, was auf Seite 102 stand. Sie fing an mit den Worten Bis morgen kann ich mich noch ein bisschen ausruhen. Es war die Abschrift eines Briefes an Lina, in dem ich ihr von Nicaragua geschrieben hatte. Mit diesem Hinweis auf Lina war klar, wie das Gebet beantwortet war. Ausruhen würde ich mich heute Nacht aber wohl kaum können.
Als er irgendwann wieder ankam, teilte ich ihm in einem ganz konsequenten Tonfall mit, dass überhaupt nichts lief. Nicht dass ein konsequenter Tonfall bisher irgendeinen Effekt gehabt hätte. Doch diesmal gab er tatsächlich Ruhe.

Ich wachte von einem Traum mit einer schrecklichen Vergewaltigungsszene wieder auf. Wie gut konnte ich mit den Frauen mitfühlen, die solche Träume nur allzu gut kennen mussten.
Lange konnte ich nicht geschlafen haben. Es war immernoch unglaublich heiss und immernoch gab es Moskitos. Ich hasste Moskitos. Der Typ bewegte sich. Ach du Scheisse, er war wach. So konnte ich mich nicht umdrehen. Höchstens alle vierzig Minuten. In der Lage, in der ich hier lag, würde ich es auf keinen Fall länger aushalten - also drehte ich mich nochmal in eine etwas erträglichere Position. Prompt hatte ich das Ergebnis. Ich hatte es genau gewusst.
Bist du wach?
Nein. Er drehte sich in meine Richtung. Nein, ich war nicht wach. Tut mir wirklich leid.
Ey - bist du wach?
Nein! Tut mir wirklich ganz ausserordentlich leid.
Ey, Francisco - bist du wach?
Nein, nein, nein, nein und nochmal nein! Er gab Ruhe. Aber ich wusste, die nächste Bewegung würde mich verraten. Der nächste unrhytmische Atemzug.
Noch nie hatte ich in einer Nacht so eine Hitze erlebt. Meist schlief ich draussen, wo es kühler war. In einem nicht klimatisierten Haus war es nachts heisser als draussen.
Der Typ hatte mir gegenüber einen Vorteil, er schien diese Hitze gewöhnt zu sein. Vorhin hatte er sogar den ratternden Ventilator ausgemacht. Ich konnte nicht mehr einschlafen. Am liebsten wäre ich aufgestanden und hätte den Ventilator wieder angeschalten. Aber ich hielt durch. Noch.
Die unerträgliche Hitze, die Moskitos, das Licht im Badezimmer, das offene Fenster ohne Moskitonetz. War er eingeschlafen? Sein Atem klang so gleichmässig. Ob ich mich auf die andere Seite drehen konnte? Aber dann hätte ich ihm das Gesicht zugewandt - und wenn er wach gewesen wäre, wäre es aus gewesen. Meine Augen musste ich offen halten.
Da - er hatte sich gekratzt. Ganz unauffällig. Jetzt verstand ich. Er spielte mit mir dasselbe Spiel wie ich mit ihm. Er tat auch nur so. Nein, ich würde es aushalten. Eine Schlafphase dauerte vierzig Minuten. Danach würde ich mich wieder umdrehen können. Fünfundzwanzig oder dreissig Minuten mussten jetzt schon vergangen sein. Nach vierzig Minuten drehte ich mich um, streckte meine Beine ein paarmal aus, drehte mich wieder von ihm weg und verharrte wieder regungslos.

Ich spürte genau, er lag weiterhin wach und wartete, bis ich wieder aufwachen würde. Ich verbrachte die schlimmste Nacht meines Lebens, aber schaffte es trotz der unvorstellbar schwülen Luft im Zimmer fast noch ein zweites Mal, mich vierzig ganze Minuten lang nicht zu bewegen.
Der Typ drehte sich alle fünfzehn Minuten um. Das bedeutete, er konnte nicht schlafen, lag ununterbrochen wach und wartete, bis ich wieder aufwachte. Die Minuten kannten kein Erbarmen. Der Schmerz in den Beinen wurde nach einer halben Stunde unerträglich. Zu der Hitze kamen die Moskitos. Ich brachte es fertig, mich regungslos in den Nacken stechen zu lassen. Eine andere Mücke setzte sich auf meinen Arm. Ich sah tatenlos zu, wie sie zustach.
Eine zweite setzte sich dazu. Blieb sitzen, fuhr den Stechapparat aus. Langsam fuhr ich meine andere Hand über die beiden Insekten. Meine Muskeln spannten sich langsam an. Zehn Zentimeter trennten die beiden Stechmücken vom Tod. Ich konzentrierte mich ein letztes Mal und begann zu zählen.
Eins - zwei - drei - zack, ich hatte sie! Alle beide!
Ach, bist du wach?
Okay, Ende der Vorstellung.
Was für eine Wohltat, endlich die Beine ausstrecken zu können. Was den miesen Moskitos den unentrinnbaren Tod gebracht hatte, war in Wirklichkeit nur ein ganz leises Geräusch gewesen, das ihn nie geweckt hätte. Aber ich hatte richtig vermutet, er war die ganze Zeit wachgelegen und hatte nur auf diesen Moment gewartet.
Fast zwei ganze Stunden hatte ich Ruhe vor diesem Typen gehabt. Nun wurde er noch aufdringlicher als vorhin. Ich hatte es befürchtet. Doch ich hatte mich nicht eine Stunde regungslos bei dieser Hitze von Moskitos stechen lassen, um nun wieder eine Diskussion zu beginnen. Nun zeigte ich weniger Geduld und wurde lauter. Am Ende drohte ich ihm, wenn er nicht sofort aus meinem Bett verschwände, würde ich meine Jeans anziehen. Was ich im nächsten Moment auch tat.
Eine irrsinnige Idee bei der Hitze, aber es hatte, wie ich erstaunt feststellte, endlich den gewünschten Effekt. Vollkommen beleidigt zog er sich zurück und sprach kein Wort mehr. Sicherlich befürchtete er, dass ich irgendwann noch lauter werden würde.

Auch am Morgen sprach er kein einziges Wort. Schweigend gingen wir zum Lkw. Schweigend bedeutete er mir, ich solle einsteigen. Schweigend fuhr er los. Ich wunderte mich, dass er mich überhaupt noch mitnahm. Vielleicht dachte er, ich könnte ihm noch Probleme machen, sein Name war ja bei der Motelrezeption bekannt.
Ich wusste, dass Frauen, die sich Truckern verweigerten, irgendwo mitten in der Landschaft einfach ausgesetzt wurden. Nun dachte ich, er würde mich nach zehn oder fünfzehn Kilometern einfach auf die Strasse setzen und war überrascht, dass er mich noch ganze sechzig Kilometer weiter zu einem posto fuhr. Und ausserdem musste er nun das Schweigen brechen. Ich kostete das richtig als Triumpf aus.
- Fim da carrera.
Ende der Fahrt.

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Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

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www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Itaúnas am Atlantik, Espíritu Santo, Brasilien.

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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