Schlüsselwörter dieser Seite:     Brasilien 1989 Wahlkampfprogramm Lulas Ex-Frau Fernsehdebatte Fänger von Maracujas

 

 

 

Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

37 - Keine Angst, glücklich zu sein - Politik und Träume in Bahia

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Montag, 11. Dezember
Sechs Tage vor der Wahl hatte sich Collors Abstand bereits auf sechs Prozent verringert. Die Stimmung begann zu kippen.

Patagonien, Provinz Santa Cruz, die südlichste Provinz in Argentinien. Die Busreise mit der Schulklasse endet in einer Art Jugendherberge. Ich studiere einen Kalender von 1980-1981. Mehrere Ereignisse aus Mainz sind eingetragen.
Szenenwechsel. Viktoria tippt mich mehrmals an. Sie sucht einen Brief, den sie mir damals in Santa Cruz geschrieben hat. Ich entgegne, den Brief müsse sie haben, nicht ich.
Der zweite oder neunte Brief, jedenfalls aus Santa Cruz. Ich bin jedoch sicher, dass ich den Brief nicht habe. Sie ärgert sich selbst ein bisschen, dass sie den Brief zwischen ihren Sachen verloren hat. Sie fragt mich noch einmal. "Nein", versichere ich ihr, "den Brief musst du haben". Sie sucht nochmal in ihrer Tasche und findet ihn.
Sie gibt ihn mir. Zwei Seiten A5, der Text in fünf Punkte gegliedert. Ich überfliege kurz den Inhalt und sehe schnell, dass ich den Brief nicht kenne. Es ist ein Brief von ihr an eine dritte Person. Sie schreibt über mich.
Ich fange zunächst an, Punkt 3 zu lesen, dann überfliege ich kurz Punkt 2 - der Brief kommt mir interessant vor. Es geht um Morphologie. Ich entschliesse mich, ihn von vorne zu lesen, angefangen bei Punkt 1.
Ihr Brief ist eine Reaktion auf einen Brief von mir. Dort hatte ich ihr über ein Spezialgebiet, Morphologie, einige Argumente geschrieben, gegen die sie sich wendet. Ein wenig enttäuscht sagt sie sich, dass ich doch Ahnung von Morphologie haben müsste, wo ich doch so intelligent sei, und fragt sich, warum ich denn so einen Unsinn schreibe. Sie versteht das irgendwie nicht.
Manche Träume waren lang und kompliziert.
Ich wusste gar nicht, was Morphologie überhaupt genau war. Die Lehre vom Bau der Organismen. Ein komischer Begriff. Als wäre ich Zoologe. Manche Träume waren schwer zu verstehen.

Dienstag, 12. Dezember 1989
Drei Prozent trennten Lula noch von Collor. Collor brachte heute eine Überraschung.
In seinem Wahlkampfprogramm trat plötzlich Lulas Ex-Frau auf. Sie hatte ein Kind von Lula und fand nicht gerade die schmeichelhaftesten Worte für Collors Gegenkandidaten.
Ich war erschrocken. War das die Wende? Hatte Collor mit diesem Trumpf bis zum Schluss gewartet, eine Art letzter Joker? Noch vor der Wahl kam raus, dass die Leute des Fängers der Maharadschas der Frau einen fünfstelligen Dollar-Betrag bezahlt hatten.
Lula trat am nächsten Tag prompt mit seiner kleinen Tochter auf. Die bei ihm lebte und die sich für ihn und nicht für ihre Mutter entschieden habe. Sollte Brasilien doch selber entscheiden.
Brasilien war es egal. Die Brasilianer lachten einmal kurz und die für beide Kandidaten peinliche Familiengeschichte war vergessen. Sofort wurde fieberhaft das Wählerverhalten untersucht, aber die Globo stellte fest, dass diese Frage auf die Wahl keinen messbaren Einfluss hatte*. Das Privatleben der Politiker interessierte in Brasilien nicht, Politiker wurden hier sowieso nicht gerade als Vorbilder für die Jugend gesehen.
Bald lagen beide Kandidaten bei fünfundvierzig Prozent. Lula hatte Collor eingeholt, einige Umfragen sahen Lula schon vorne. Collor hatte mit seiner Aktion lediglich Zeit gewonnen.
Und er hatte Lulas Konzept durcheinandergebracht. So verstrichen die Sendeminuten von Lulas letzter Wahlkampfsendung damit, dass er noch einmal allen Brasilianern lang und breit erklärte, die Frau würde lügen und ihn zu Unrecht beschuldigen. Er konnte es auch nicht lassen, Collor als die grösste Lüge zu bezeichnen, die das Land je gehört hatte. Etwas verloren als Relikt seines ursprünglichen Konzeptes wirkte sein Abschied am Ende seiner letzten Wahlkampfsendung, wo er sich bei allen Brasilianern für das grossartige Interesse an seinem Wahlspotprogramm bedankte. Zum ersten Mal seit vielen Jahren hatten in Brasilien so viele verschiedene politische Meinungen so offen ausgetauscht werden können. Und die Einschaltquoten hatten tatsächlich ungeahnte Rekordhöhen erreicht.
Am Ende dieser letzten Wahlspotsendung verabschiedete sich Lula mit den Worten no dezesete de dezembro não tenha medo de ser feliz.
Am 17. Dezember hab keine Angst, glücklich zu sein.

Darauf folgte nur noch die mit Spannung erwartete zweite und letzte Fernsehdebatte zwischen beiden Kandidaten, die sich danach beide bis zur Wahl nicht mehr öffentlich äussern durften.
Lula wirkte auffallend nervös und unkonzentriert. Ihm unterliefen etliche Fehler. Collor war nicht viel besser, hatte sich aber besser vorbereitet als in der ersten Debatte. Lula nutzte es nicht aus, als Collor einmal das Gleichgewicht verlor.
Am Ende bekamen die beiden Kandidaten Gelegenheit, noch ein kleines Abschiedsstatement abzugeben. Collors selbstbewusste Botschaft war eindeutig. Ich bin schon der Präsident von Brasilien.
Lulas Schlusswort endete mit einer Überraschung. Nach dieser Wahl, so seine letzten Worte, würden alle sehen que o caçador dos marajás não pasa mais de um caçador de maracujás.
Danke fürs Zuhören. Schluss und Ende der Sendung.

Rui und ich mussten spontan laut auflachen. Doch wir lachten nicht lange. Cosme war der Erste, der sagte, das sei nicht gut gewesen. Lula könnte einen grossen Fehler gemacht haben.
Dass am Fänger der Maharadschas nicht mehr dran sei als ein Fänger von Maracujas.
Diesen letzten Satz würde Brasilien im Ohr behalten. Auch wenn niemand ernsthaft daran zweifelte, dass Collor korrupt war: Lulas letztes Wort vor der Wahl war ausgerechnet eine Verunglimpfung des politischen Gegners.

* Diese Anekdote wurde später in der brasilianischen Geschichtsschreibung anders bewertet, wo ihm besonders von linker Seite mehr Wirkung beigemessen wurde als es in Wirklichkeit gehabt hatte.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

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'Brasilien wird sein Gesicht verändern' - Wahlkampf 1989 in Brasilien mit Luis Inácio Lula da Silva, dem Linkskandidaten, der im zweiten Wahlgang gegen Fernando Collor de Melo unterlag.

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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