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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

40 - Wir sind einfach nur Leute - Eine Insel im Amazonas

Seite:

 

02

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Samstag, 21. April 1990
Joana hatte zwei Kinder. Ihr Sohn war sieben, ihre Tochter war zwölf, und sie schleppte an diesem Morgen beide bei Paiodi an. Paiodi ärgerte sich, aber sie sagte nichts. Sie selbst hatte ihren Jungen ja auch bei seinem Vater gelassen, der in der Nachbarschaft wohnte. Und sie hatten es so abgesprochen, dass Joana alleine mitkommen sollte. Na gut, nun konnte sie die Kinder nicht wegschicken, die sich natürlich auf den Ausflug freuten. Und ganz so anstrengend wie Paiodis Sohn waren Joanas Kinder nicht. Besonders ihre Tochter war ein nettes, ruhiges Mädchen.
Also nahmen wir einen Minibus und fuhren zum Strand nach Fazendinha auf die Südhalbkugel. Auf der Strecke überquerten wir den Äquator. In Fazendinha mieteten wir ein kleines Amazonasboot und fuhren auf die Ilha de Santana. Es war gar nicht so einfach, die paar Kilometer über den Fluss zu paddeln, seitlich zur Strömung. Aber ich hatte noch Übung, von Honduras.

Der bärtige Argentinier Carlos begrüsste uns herzlich. Er hatte ein Bedürfnis nach Einsamkeit und lebte deshalb auf der einsamen kleinen Insel, freute sich aber über unseren Besuch und vor allem auf Paiodi. Paiodi war total in ihm verliebt und fragte ihn, ob er nicht zu ihr nach Macapá ziehen wollte. Ein Zimmer in ihrer Wohnung war frei. Zögernd sagte er zu. Er fand sie unheimlich erotisch. Zu erotisch, wie er mir hinterher gestand. Länger als drei Wochen würde er bestimmt nicht bei ihr wohnen können.
Carlos hatte in seinem Leben zu viel Marihuana geraucht. Viele Jahre lang. Alkohol, meinte er, sei zwar die härtere Droge, weil sie abhängig machte, aber Marihuana war nicht weniger gefährlich. Denn wenn man zu lange Zeit und zuviel Marihuana rauchte, so der Dreissigjährige, gingen Gehirnzellen kaputt, die nie mehr ersetzt werden konnten. Er bereute es, sein Gehirn empfindlich geschädigt zu haben. Nie wieder wollte er Marihuana rauchen. Carlos war ein netter, einfacher Mensch, wirkte aber manchmal etwas fahrig. Seit drei Jahren wohnte er hier auf der Insel.
Joana war etwa fünfunddreissig und wirkte auf mich eher unscheinbar. Sie war alleinstehend, ihre beiden Kinder waren von verschiedenen Vätern. Das war nicht zu übersehen, denn der Junge war so hellhäutig wie sie, ihre Tochter dagegen fast genauso schwarz wie eine Afrikanerin. Joana schien sich schon lange nicht mehr um ihre Figur gekümmert zu haben. Vielleicht bereute sie es jetzt, dass sie sehr dick und vor allem auch sehr schwer geworden war.
Der Wind hatte die Palmenwedel vom Dach der kleinen Hütte auf der Ilha de Santana durcheinandergewirbelt, sodass wir sie erst einmal reparieren mussten. Die Hütte stand auf einer kleinen Lichtung, eingerahmt von Büschen und Bäumen, hinter denen der grosse Fluss um das Ufer plätscherte. Ein paar Meter weiter lag ein kleiner Strand, wo das Boot angelandet war und wir uns sonnen und baden konnten. Neben der Hütte befand sich eine kleine Sandfläche, auf die man sich auch legen konnte, und um die herum ein paar Metallstangen standen. Wir spannten eine blaue Plastikplane drüber. Dann gingen wir noch ein wenig schwimmen. Die Insel war so abgeschieden, dass wir nackt baden konnten.
Am Abend musste Joana ihre Kinder in die Hängematten bringen, die in der Hütte aufgespannt wurden. Sie selber hatte eine Art Zelthängematte, hatte ihr ein Bekannter vom Militär organisiert. Ich kam kaum damit zurecht, band sie zwischen zwei Bäume neben der Hütte. Sie wirkte nicht sehr stabil, aber wenn sie vom Militär war...
Mir dauerte das mit den Kindern zu lange. Es war ein wunderschöner Abend und viele Sterne waren zu sehen. Sie hätte schon längst fertig sein können mit den Kindern. So klein waren die auch nicht mehr.
Auf der anderen Seite der Wiese befand sich eine Holzbank und ich ging zu Joana um ihr zu sagen, da würde ich mich hinsetzen, mir die Sterne ankucken, und wenn sie Lust habe, könnte sie ja dazukommen. Und zwar in einem besonders schönen Portugiesisch.
- Eu tou lá, sentado no banco, olhando prás estrelhas. E se tu quer, ahi tu vem.
Für solche Situationen gab es in Brasilien die Möglichkeit, tu statt dem sonst üblichen você zu sagen, tu mit den Verben in der dritten Person, wie beim você.
Es war interessant. Sehr kompliziert war es in Brasilien, Sie zu sagen. In der Schule lernten die Kinder lauter Anrede- und Verbformen, die sie nie im Leben brauchen konnten.
Es war nicht zu glauben, in den Grundschulbüchern wurde den Kindern tatsächlich beigebracht, wie ein König, eine Prinzessin oder eine fürstliche Durchlaucht korrekt anzusprechen waren. Kein Wunder, dass sie die Analphabetenrate nicht unter achtzig Prozent bekamen.

Einige Wolken zogen vor den Sternen vorbei. Schade, es war immer nur ein Teil eines Sternbildes zu sehen. Ich hatte in Honduras meine eigenen Sternbilder erfunden. Schwabenpfeil*, Kurts Regiestuhl**, Krokodil, Thales, Pleitegeier, Matthias gefetzte Brille auf dem Fussboden, Rudis Rakete aus den Clever & Smart-Comics***, die Brücke über die Milchstrasse...
Paiodi und Carlos hatten schon befürchtet, Joana würde mit ihren Kindern noch drei Stunden brauchen, aber nach einer halben Stunde hatte sie die Kinder ins Bett gebracht und kam zu mir auf die Bank.
Endlich war Ruhe.
Und endlich konnte auch mal Joana umschalten und die Schönheit des Planeten ein bisschen auf sich wirken lassen.
Ohne Sterne, das hatte sie nun davon. Denn inzwischen waren Wolken vor die Sterne gezogen. Ein leichter Wind kam auf. Aber es war immer noch romantisch genug. Welche Musik ich mochte, fragte sie mich. Was wollte ich denn da antworten? Tracy Chapman, sagte ich spontan.
Der Zufall wollte es, dass Tracy gerade ihre Lieblingssängerin war. Später sagte sie, es war wohl dieser Moment gewesen... sie legte ihren Kopf auf meinen Schoss.

She's got her ticket (Tracy Chapman, 1988)

She's got her ticket
I think she gonna use it
I think she goin' to fly away
No one should try and stop her
Persuade her with their power
She says that her mind is made
Up

Why not leave why not
Go away
Too much hatred
Corruption and greed
Give your life
And invariably they leave you with
Nothing

Young girl ain't got no chances
No roots to keep her strong
She's shed all pretenses
That someday she'll belong
Some folks call her a runaway
A failure in the race
But she knows where her ticket takes her
She will find her place
In the sun

And she'll fly, fly, fly...


* Orion
** Cassiopeia
*** Stier

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

www.100partnerprogramme.de - Geld verdienen im Internet mit Karsten Windfelder

www.affiliate-katalog.de - Partnerprogramm-Suchmaschine

images.google.com - Bilder suchen mit Google

www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Porto Santana bei Macapá an der Amazonasmündung, Amapá, Brasilien.

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



Kontakt (Autor, Verlag) siehe Impressum, unten letzte Zeile.
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