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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

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Kapitel:

 

03 Das Mädchen vom Klassendienst - Schulwechsel 1976 nach Mainz

Seite:

 

08

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Das Kind übt sich in Wahrscheinlichkeitsrechnungen. Rosenaustrasse 6, Nachmittag, etwa Mai 1975*, Nordseite des Hauses, zwei Meter Entfernung von der Hauswand. Das Kind steht auf dem Plattenweg mit einer Münze in der Hand.
Ich weiss nicht mehr genau, ob es eine Münze war. Ich schreibe jetzt einfach mal Münze, es kann auch ein münzähnlicher Gegenstand in blau-rot gewesen sein, mit zwei Seiten, deren Wahrscheinlichkeit beim Herunterfallen jeweils bei 50 % lag. Die Wahrscheinlichkeit, dass es eine Münze war, schätze ich heute auf 95 %, aber das ist nicht wichtig. Wichtig war die Wahrscheinlichkeitsrechnung, die dahinter stand.
Wappen und Zahl. Ich vergass, vorher festzusetzen, wie weit ich gehen wollte. Eben solange, bis es klar war. Im günstigsten Fall war es sowieso nur ein Mal.
Kucken dass keiner kuckt - und beten.
- Lieber Gott, wenn es dich gibt, oder Göttin, wenn du weiblich bist, dann kennst du mich, und zwar ziemlich genau, und sollte es dich wirklich geben, dann weisst du auch, dass ich an dich nicht glaube. Tut mir ja leid. Auch die ganzen Geschichten, die sie im Religionsunterricht erzählen, glaube ich alle nicht. Gut. Aber das brauch ich dir ja nicht zu erzählen, denn wenn es dich gibt, dann weisst du das ja selber schon. So. Ich habe eine ernsthafte Frage. Meine Frage ist, gibt es dich, oder gibt es dich nicht? Ich beziehe mich darauf, dass wenn man eine ernsthafte Frage hat, man auch eine ernsthafte Antwort bekommt. Johannes fünf Vers - weiss ich jetzt nicht, aber wenn es dich gibt, weisst du das auch selber schon und kannst das nachlesen. Ich weiss jedenfalls, dass es irgendwo in der Bibel steht, und auf genau diese Stelle beziehe ich mich. So. Wenn es dich jetzt also tatsächlich immer noch geben sollte, dann mach, dass die Münze, die ich jetzt werfe, auf Zahl fällt. Ja? Nochmal: Ich glaube nicht an dich und ich möchte dir eine Chance geben, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Ich beziehe mich ausdrücklich auf Jesus von Nazareth, also auf dich, Jesus, von dem sie erzählen, und bitte dich, wenn es dich gibt, und wenn du mit Gott identisch bist, mir hier zu helfen. Okay, das wars. Danke. Amen meinetwegen.

Gut, und jetzt wurde es spannend. Was jetzt wohl bei rauskam? Eigentlich eine ganz schöne Frechheit, jetzt ein Wunder zu erwarten. Ich hätte ja was ganz anderes verlangen können, mit derselben Begründung. Gib, dass hinter Aichach ein Vulkan ausbricht, sonst glaube ich nicht an dich. Nein, ich dachte, das war okay so.
Ich war in der letzten Zeit eher mehr zu der Überzeugung gekommen, dass es keinen Gott gab, und sah mich jetzt eigentlich nur noch kurz davor, endgültig zu beweisen, dass die ganzen Geschichten auch tatsächlich keine Grundlage hatten. Denn wenn es einen Gott gab, und der mit Jesus irgendwie identisch war, dann hatte der zumindest in dem einen Punkt Unsinn erzählt, dass auch die Zweifler, die einen handfesten Beweis haben wollten, zu ihm kommen könnten. Und genau so einer war ich. Ich warf die Münze.
Zahl.
Hm. Mist, Gegenbeweis schomal misslungen. Andererseits, wenn es keinen Gott gab, konnte die Münze ja genauso gut auch auf Zahl fallen. Rein zufällig. Die Wahrscheinlichkeit war ein halb. Okay, die Wahrscheinlichkeit, dass es einen Gott gab, war auch 50 %, und das war ziemlich wenig. Also nochmal: gib dass wieder Zahl kommt.
Zahl.
Oh, zum zweiten Mal. Zweiter Versuch auch misslungen. Na gut, dann eben nochmal.
Zahl.
Nichts klappt aber auch. Das mit dem Gegenbeweis wurde offenbar nicht einfach. Ich war es gewöhnt, beim Spielen oft x-mal hintereinander Pech zu haben. Nochmal.
Zahl.
Zum vierten Mal jetzt, was sollte das denn? Wenn ich schon mal was ausprobieren wollte, dann klappte aber schon gleich gar nichts. Trotzdem, die Wahrscheinlichkeit war auf meiner Seite. Irgendwann musste auch mal Wappen kommen. Nochmal. Die Wahrscheinlichkeit für Wappen war 50 %.
Zahl.
War wohl nicht genug. Fünf waren das jetzt. Stimmte da irgendwas nicht? Aber wenn jemand fragte, woher weisst du, dass es einen Gott gibt? Fünfmal die Münze geworfen? Haha. Also nochmal.
Zahl.
Was war das denn? Sechs. Das konnte doch gar nicht sein. Die Einzel-Wahrscheinlichkeit war immer 50 %, aber sechsmal hintereinander war das doch total unwahrscheinlich. Mist, wie rechnete man das aus? Ein halb, und davon die Hälfte, und beim dritten mal davon auch die Hälfte... Mist, Kommazahlen hatten wir noch nicht gehabt. Egal, die Erfahrung zeigte, dass das nie vorkam, dass sechs mal hintereinander Zahl kam. Das heisst, Moment. Was wäre, wenn die Münze nicht in Ordnung war? Auf der einen Seite schwerer oder so? Na gut: Gib, dass jetzt Wappen kommt.
Wappen.
Unglaublich. Und jetzt nochmal Zahl.
Zahl.
Oh nein, das funktionierte ja wirklich.
Alles klar, das reicht, danke.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es einen Gott gibt, liegt bei genau 99,609375 %. Ich bin doch der geborene Wissenschaftler. Ich sollte es im Journal of God Studies publizieren.

Es wird wirklich Zeit, sowas nach über fünfundzwanzig Jahren endlich mal zu dokumentieren. Ich habe ein wirklich verdammt schlechtes Erinnerungsvermögen. Ich weiss leider wirklich nicht mehr, wie oft ich das genau machte. Von Stochastik hatte ich damals keine Ahnung. Ich wusste, dass ich mit einer Gegenwahrscheinlichkeit argumentierte. Ich wusste aus Erfahrung, dass es verdammt unwahrscheinlich war, dass eine Münze so oft hintereinander auf eine vorher bestimmte Seite fällt. Aber wie wahrscheinlich genau? Bei einem Wurf war es ein halb, also 50 %. Soviel war sicher. Und bei zwei Würfen? Eins minus ein Drittel? 66,7 %? In Mainz war ich zu dem Schluss gekommen, die Gegenwahrscheinlichkeit läge für acht Würfe bei eins minus einem Achtel oder einem Neuntel, also höchstens 88,9 %. Ich war enttäuscht, dass es nur so wenig war.
In Augsburg war ich der Lösung fast näher. Ich ahnte intuitiv, dass es irgendwo über 97 % liegen musste. Dann stellte ich Versuchsreihen an, auf dem Hof vor dem Haus. Viele Versuchsreihen. Strichlisten auf dem Boden. Wieviele Würfe nötig waren, bis Wappen fiel. Fünf oder sechsmal hintereinander kam praktisch nie vor. Wenn ich es etwas systematischer gemacht hätte, hätte ich die Lösung rausbekommen.
Dass sich die Gegenwahrscheinlichkeit mit der Formel eins-durch-zwei-hoch-N ausrechnet, mit N gleich Anzahl der Würfe, und schon nach sieben Malen bei über 99 % liegt, wo sich selbst in den Naturwissenschaften auch die sichersten statistischen Tests längst zufrieden geben, wusste ich mit meinen Grundschulrechenkenntnissen natürlich nicht. Hätte ich es gewusst, hätte ich mir die Szene vielleicht besser gemerkt.
Achtmal kann ich sicher dokumentieren, so oft muss ich es mindestens durchgeführt haben, sechsmal Zahl, dann Wappen, und dann das Argument und jetzt nochmal Zahl. Danach muss ich umgeschwenkt sein. Es sähe mir aber durchaus ähnlich, wenn ich es danach, unter dem Eindruck, dass es funktionierte, begeistert über die neue Erkenntnis noch ein paar weitere Male probiert hätte, vielleicht bis ich bei zehn war, das wären dann über 99,9 %. Irgendwann schliesslich muss mir dann der Spruch eingefallen sein, du sollst den Gott Israels nicht auf die Probe stellen, stellte fest, dass es also einen Gott Israels gab, und hörte auf. Dann war einen Moment Ruhe.

* Schätze ich. Es muss vor dem Herbst gewesen sein, und absolut sicher vor Dezember 1975. Ich hatte mir das Datum lange Zeit gemerkt, bis ich es in Mainz nach einigen enttäuschenden Rechnereien schliesslich vergessen hatte. Vielleicht 29.5.1975.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

www.100partnerprogramme.de - Geld verdienen im Internet mit Karsten Windfelder

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images.google.com - Bilder suchen mit Google

www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Gutenberg-Gymnasium, Mainz

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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