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Francisco Welter-Schultes: Umweg nach Cayenne

 

Eine Fortsetzungsgeschichte auf 739 Internetseiten.

 

Ins Netz gestellt von Planet Poster Editions

Kapitel:

 

03 Das Mädchen vom Klassendienst - Schulwechsel 1976 nach Mainz

Seite:

 

17

Kapitel in Band 1:

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Sommerferien 1978, wieder fuhren wir nach Berlin. M-K ärgerte sich über mich, ich würde ihr immer in den Rücken fallen, dieselben altbekannten Sprüche, wie immer. Aber dass wir nicht zu ihr wollten, nagte an ihrem Selbstbewusstsein. Sie machte immer mehr Druck, dass wir nach Berlin kommen sollen. Ihre Idee, wir sollten von Zuhause abhauen, wurde zwar nicht konkreter, dafür aber mit immer mehr Druck vorgebracht. Ich sei zu feige, ich würde mich gegen sie stellen.
Abhauen. Eine blöde Idee. Wie sollen wir denn nach Berlin abhauen, meinte ich zu ihr, ohne Papiere wird man doch spätestens an der Grenze aufgegriffen. Zwischen Mainz und Berlin lagen immerhin zwei der am besten abgesicherten Staatsgrenzen der Welt. Nach Indien wären wir einfacher gekommen als nach Berlin.
Das Argument war schlüssig. Sie selber war einmal tatsächlich weniger feige gewesen, hatte mit uns nach Ostberlin an den Müggelsee fahren wollen, und, mutig, liess auf der Hutablage das Nachrichtenmagazin Spiegel liegen. Ich war skeptisch. Der Spiegel, der ist links, das interessiert die VoPos an der Grenze nicht, meinte sie.
Nö, überhaupt nicht. Nur deren Ober-VoPos. Im Kofferraum fanden die DDR-Volkspolizisten ausserdem noch ein ziemlich kritisches Buch über Russland, auch im Spiegel-Stil geschrieben. Bei dem hatte sie allerdings vorher genau gewusst, dass sie das nicht in die Finger kriegen durften. Vier Stunden standen wir bei glühender Hitze am Grenzübergang, bevor wir wieder in den Westen zurück fahren konnten. Danach war ihr der Spass mit den VoPos wohl ein bisschen vergangen. Okay, dass wir uns nicht durch die DDR schmuggeln können, das war wohl überzeugend genug, das ging wohl tatsächlich nicht, und ich war da erstmal den Druck los.

Aber ganz so schlecht waren wir auch nicht gewesen in den vergangenen Jahren. Wir hatten vor Gericht immerhin ausgesagt, dass wir es nicht so gut fanden bei unserem Vater und Ursula, weil wir häufig geschlagen wurden. Wir sollten ja ehrlich auf die Fragen des Gerichts antworten. Wurden wir extra drauf hingewiesen. Das wollten wir uns nun doch nicht nehmen lassen. Und stellten fest - oh Wunder, die Republik hatte sich tatsächlich verändert. Das kollektive Wegschauen - das in Bayern auch grosszügig die Gerichte mit eingeschlossen hatte - hatte ein Ende.
Nicht für Ursula. Sie nahm das zunächst gar nicht ernst. Den Begriff Kindesmisshandlung konnte sie schon gar nicht mehr hören. Kindesmisshandlung lag bei ihr erst dann vor, wenn bei Kindern ernsthafte Verletzungen wie gebrochene Knochen, jede Menge Blut, Schädelbasisbrüche oder Tod feststellbar seien - das bisschen Prügel, wie wir sie bekamen, sei dagegen normal. Sie dachte wirklich so, sie war davon unumstösslich überzeugt. Mainz war immer noch Süddeutschland.
Als sie nach Mainz gezogen war, trat sie sofort in die CDU ein, von der sie begeistert war, und die glücklicherweise in Rheinland-Pfalz regierte. Keine zehn Pferde hätten sie ins SPD-regierte Hessen bringen können. War einer ihrer Sprüche. Sie fühlte sich vollkommen im Recht und prügelte unverdrossen weiter. Na, vielleicht hätte sie doch nicht aus Bayern wegziehen sollen.
M-K dagegen war eine Zeitlang sogar in der FDP aktiv. Sie konzentrierte sich jetzt bei ihrem Sorgerechtsprozess auf die körperlichen Misshandlungen, und das Familiengericht fand die Erziehungsmethoden von Ursula zumindest aussergewöhnlich und bemerkenswert. Ein weiterer Termin wurde anberaumt, Anhörung der Kinder wegen Verdachts auf Kindesmisshandlung. Kein sehr engagiert geführtes Verfahren, das merkte man schon, aber der Richter musste seiner Pflicht genüge tun. Die Anhörung vom 14. Juli 1977.
Auch das noch, so ein kompletter Unsinn. Schimpfend fuhren unser Vater und Ursula mit uns zusammen zum Gericht. Stiftswingert - Rosengarten - dann die Ampel Salvatorstrasse.
Gell, ihr wissts, wenn ihr fei jetzt sagt dass die Mami euch haut, dann können wir beide ins Gefängnis kommen, und ihr kommts dann auch nicht zu eurer Mutter, sondern in ein Kinderheim, sagte er zu uns, nie hatte er seinen bayrischen Akzent abgelegt, und auf der Salvatorstrasse fügte er noch hinzu, Ich will euch jetzt nicht beeinflussen, ich sag euch das nur. Ihr müsst selber wissen, was ihr sagt, gell. Nicht dass ihr sagt, ich habe euch jetzt beeinflusst. Ihr könnt dem Richter sagen, was ihr selber wollt. Ich gebe euch das nur zu bedenken.
Kinderheim war immer sein Argument gewesen, schon seit der Zeit, wo ich nach Marsberg zurück wollte. Immer wenn es brenzlig wurde, war Kinderheim das letzte Argument.
Also sagten wir, wir würden doch nicht geschlagen, mit dem Ergebnis, dass der Richter keinen Grund sah, das Sorgerecht zu ändern.
Nächster Besuch bei M-K in Berlin:
- Warum habt ihr denn gesagt, ihr werdet nicht geschlagen?
Wir erzählten die Story von der Autofahrt zum Gericht.
Damit produzierten wir fast unwissentlich einen Riesen-Gag, den wir so überhaupt nicht mitbekamen. Denn wir hatten nie Einblick in die Gerichtsakten. In Mainz war das Thema sowieso Tabu. Wir hatten uns aber auch in Berlin nie sonderlich darum gerissen, die verstaubten Ordner durchzulesen, die M-K immer wieder auf dem Schreibtisch liegen hatte. Zu trocken war der Text, zu langweilig der Inhalt, zu gering unser Vertrauen darin, dass die Gerichte etwas bewirken konnten, und zu fremd die völlig unverständliche juristische Sprache. Ich regte mich auf, selbst Holländisch hätte ich besser verstanden. Uns war nicht klar, wie wichtig für unsere Zukunft Gerichtsakten wirklich waren.

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Google

Suchfunktion im Roman: Die Navigation im Roman hat selbst keine Suchfunktion. Wer innerhalb des Romans bestimmte Begriffe sucht, kann hier im Suchfeld bei Google den Begriff "wissenladen" und den Suchbegriff (beispielsweise den Namen eines Ortes) eingeben. Das sollte halbwegs funktionieren. Wenn "wissenladen" alleine nicht reicht, dann noch "cayenne" dazu eingeben.

Für diejenigen, die die gesamte Textdatei lieber am Stück lesen wollen, und nicht jede Seite einzeln, gibt es 3 Word-Dateien, entsprechend den 3 Bänden, die von unserem Server auf Festplatte heruntergeladen werden können. Dies sind die reinen Text-Dateien, ohne Bilder drin. Nur mit Platzhaltern für Bilder. Die Word-Datei (Word 6.0/95 für windows) ist etwa 2001-2003 zusammengeschrieben worden, letzte Änderungen sind von 2005.
cayenne-band1.doc.
cayenne-band2.doc.
cayenne-band3.doc.


Hier noch ein paar weitere interessante Links:

 

www.planetposter.de - Posterverlag von Francisco Welter-Schultes und Ralph Krätzner

www.wissenladen.de - Der Onlineshop mit den guten Ideen

www.wissenladen.de/maps - übersichtliche Landkarten von allen Ländern der Welt

www.animalbase.org - Frühe zoologische Literatur online

www.hausdernatur.de - Museum Haus der Natur in Cismar an der Ostsee

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www.wale-und-delfine.de - Wale und Delfine

 

 


Gutenberg-Gymnasium, Mainz

 

 

 

 

Der Roman Umweg nach Cayenne ist eine Fortsetzungsgeschichte in drei Bänden und basiert auf einer authentischen Geschichte (autobiographisch von Francisco Welter-Schultes).
Band 1 spielt von Mitte der 60er Jahre bis 1980 in Deutschland (erst Bayern, dann Mainz), Band 2 von 1980 bis 1987 in Deutschland (hauptsächlich in der Kleinstadt Neustadt in Holstein) mit einigen Passagen in der Türkei und in Griechenland (vor allem auf Kreta), Band 3 von 1987-1990 spielt hauptsächlich in Nord- und Südamerika (USA über Mexico bis nach Feuerland und dann Atlantikküste entlang nach Brasilien). Ganz am Ende kommen wir dann auch mal tatsächlich nach Cayenne, Französisch-Guyana. Der Titel ist also nicht ganz aus der Luft gegriffen. Aber bis wir nach Cayenne kommen, dauert es einige Zeit, und ein paar kleine Umwege müssen schon in Kauf genommen werden.
Zusammengeschrieben wurde das Ganze so etwa zwischen 2001 und 2003.
Alle Personen, die im Text vorkommen, sind Personen des wirklichen Lebens. Um ihre Privatsphäre zu schützen, wurden die meisten von ihnen unter Pseudonymen genannt. Ausser bei Personen des öffentlichen Lebens.

Wir hoffen, die Navigation funktioniert halbwegs und wünschen viel Spass beim Lesen.

Für diejenigen, die einen kurzen Blick auf eine Landkarte werfen wollen, was ja mal ganz nützlich sein kann, hier eine kleine Auswahl von Landkarten aus Europa:
Bosnien und Herzegowina   Deutschland   Frankreich   Griechenland   Italien   Österreich   Rumänien   Russland  Schweden   Spanien   Türkei



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